NRW
   13 Jahre
Foto: Jürgen Welke

Mehr als ein Sorgentelefon

Jürgen Wenke verlässt nach 30 Jahren die Rosa Strippe in Bochum und erzählt über Erinnerungen, neue und alte Projekte und ein bisschen Wehmut im EXIT-Interview.
Beratung, Aufklärung und Sichtbarkeit sind einige der Hauptaufgaben der "Rosa Strippe" in Bochum. Angefangen als Sorgen- und Beratungstelefon für Schwule und Lesben entwickelte sich der Verantwortungsbereich von Jahr zu Jahr weiter. Heute arbeitet das Team der Rosa Strippe in eigenen Räumlichkeiten und organisiert neben der Telefonberatung viele namhafte Projekte zur Unterstützung von Homosexuellen. Im Gebäude befindet sich sogar ein eigenes, kleines Trauzimmer.

Jürgen, heute ist die Rosa Strippe vielen Schwulen und Lesben in NRW ein Begriff. Das war sicher nicht immer so. Kannst du kurz schildern, wie die Anfänge dieser Einrichtung ausgesehen haben?

Ab Dezember 1980 haben mein Freund Karl-Heinz Wilhelmi und ich in unserer Wohnung unseren Privattelefonanschluss montags von 19 bis 22 Uhr als Beratungstelefon für Schwule genutzt. Wir hatten viele Ideen, Idealismus und kein Geld. Wir waren selbst überrascht, wie gut das Angebot ankam. Natürlich haben die Anrufer sich nicht an die angegebenen Zeiten gehalten. So sind wir bereits 1981 in das damalige Zentrum Oase mit der Rosa Strippe umgezogen mit eigener Telefonnummer. Die Anzahl der Ratsuchenden ist ständig gestiegen und wir haben uns Zug um Zug professionalisiert, was mich sehr freut. Ich konnte dazu beitragen.

In 30 Jahren hast du viele Menschen kennen gelernt und viele Projekte mit ins Leben gerufen. Gibt es ein Ereignis, das du ganz besonders hervorheben möchtest?

Das geht eigentlich gar nicht, es sind viele wichtige Personen, viele Projekte wie die bundesweite Beratungstelefonnummer, die Gemeinnützigkeit, Erfindung der "BO-YS" und "Zarah & Leander", Kulturreihen wie "Verdammt starke Liebe" mit Aufführung der Oper "Harvey Milk" in Dortmund, Verlegung von Stolpersteinen und vieles mehr.

Endlich! Die Kommune unterstützt die Rosa Strippe ...

Aber von historischer Dimension ist für mich der Mittwoch, 31. Januar 2007. An diesem Tag habe ich nach drei Jahren Verhandlung mit der Stadt Bochum beim Notar gesessen und den Erbbaurechtsvertrag für das Gebäude der Rosa Strippein der Kortumstraße 143 unterschrieben. Dieser Vertrag läuft 75 Jahre. Meines Wissens hat es noch niemals in Deutschland einen derartig langfristigen Vertrag zwischen einer Lesben- und Schwulenorganisation und einem öffentlichen Träger gegeben. Dass dabei der Notar auch derjenige Jurist war, der uns 1981 im Rechtsstreit gegen die gleiche Kommune vertrat, als es vor dem Verwaltungsgericht um das Verbot unseres Infostandes in der City ging, fand ich besonders Klasse. Dieses Ereignis zeigt Wandel und Kontinuität in einem.

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