Gesellschaft
   11 Jahre
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Es droht der große Stillstand

Angela Merkel hat einen großen Sieg errungen, aber sie muss sich einen neuen Koalitionspartner suchen. Dafür kommen die SPD und die Grünen in Frage. Allerdings geben Beobachter einem schwarz-grünen Bündnis nur geringe Chancen. Das liegt nicht nur an den Differenzen zwischen den Parteien, sondern vor allem daran, dass diese Kombination keine Unterstützung im Bundesrat hätte. Also bleibt nur die Große Koalition. Diese kann leicht wieder zum großen Stillstand führen, zumindest in schwul-lesbischer Hinsicht.

Die gestärkte Union wird sich weiteren Schritten zur Gleichstellung verweigern. Und es ist keineswegs sicher, dass die SPD sich im Koalitionsvertrag so stark für die Community einsetzen wird, wie es die FDP vor vier Jahren getan hat. Selbst wenn die SPD darauf bestehen sollte, dass das Adoptionsrecht genannt wird, werden CDU und CSU wohl kaum mehr zulassen als den schon bekannten Verweis auf das Bundesverfassungsgericht – genauso hatten sie es vor vier Jahren auch schon beim Steuerrecht gemacht. Etwas mehr Hoffnung kann man sich noch bei einer Angleichung in Bezug auf die Riester-Rente machen. Eine Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben hat in den nächsten vier Jahren keine Chance. Dazu müsste das Grundgesetz geändert werden. Solange die Union mehr als ein Drittel der Sitze hat und sogar die Bundeskanzlerin stellt, wird sich in diesem Punkt nichts bewegen.

Personell geht die Community geschwächt aus dieser Wahl hervor. Alle offenen und versteckten Abgeordneten der FDP verlieren ihr Mandat, der ganze Parteivorstand tritt zurück. Man darf gespannt sein, wer dann hinter Christian Lindner in die vordere Reihe rückt und welche Rolle die Politik für Schwule und Lesben in Zukunft spielen wird.

Der Grüne Volker Beck ist zwar wieder im Bundestag vertreten, übernimmt aber einen Teil der Schuld am schlechten Wahlergebnis im Rahmen der Aufarbeitung der Pädophilie-Diskussion der 80er Jahre. Er wird seinen Posten als Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion abgeben, also die Rolle als wichtiger Strippenzieher. Er will sich stärker auf die Arbeit als menschenrechtspolitischer Sprecher konzentrieren und das Profil der Partei in diesem Bereich schärfen. Die Grünen stellen die größte schwule Truppe im Bundestag, dazu gehören noch Kai Gehring (Platz 10 in NRW) und Gerhard Schick (Platz 4 in BaWü). Raus sind dagegen die grünen Lesben: Bettina Herlitzius, die in NRW auf Platz 17 aufgestellt worden war, und Birgitt Bender (Platz 11 in BaWü).

Johannes Kahrs hat für die SPD erneut den Wahlkreis Hamburg-Mitte gewonnen. Der Sprecher des einflussreichen Seeheimer Kreises könnte bei einer Regierungsbeteiligung seiner Partei in eine wichtigere Position in der Fraktion vorrücken. Nicht geschafft hat es "Schwulenmutti" Elfi Scho-Antwerpes in Köln II; ein Riesenbild der Kölner Bürgermeisterin hängt seit Monaten am Ex-Corner in der Schaafenstraße. Die Schuld für das Scheitern gibt sie dem Grünen Volker Beck, weil dieser eine massive Erststimmenkampagne für sich gemacht habe, die ihr geschadet und am Ende dem CDU-Kandidaten genützt habe.

Bei der CDU wurde Stefan Kaufmann in Stuttgart I wiedergewählt, ebenso Jens Spahn in Steinfeld I - Borken I. In München-Süd wurde Schwulengegner Peter Gauweiler von der CSU wiedergewählt, sein schwuler Gegenkandidat Christian Vorländer von der SPD hat es erwartungsgemäß nicht geschafft.

Bei der Linken hat die langjährige lesben- und schwulenpolitische Sprecherin Barbara Höll aufgrund ihres schlechten Listenplatzes in Sachsen den Wiedereinzug in den Bundestag verpasst. Dafür ist Harald Petzold neu ins Parlament eingezogen, der ehemalige Lehrer war bisher im brandenburgischen Landtag. Es ist davon auszugehen, dass er der neue queerpolitische Sprecher wird.

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