Das Lebensglück des schwulen Mannes
„Glück“ ist das schöne und auch spannende Motto der zehnten Ausgabe des Kompendiums aus Texten und Bildern „Mein schwules Auge“, das erneut von Rinaldo Hopf und Axel Schock gestaltet und vom Konkursbuch Verlag herausgegeben wird.
Auf dem Cover lächelt ein symmetrisch tätowierter 30er mit offener Hose in die Kamera. Ein Mann, der glücklich ist, seinen Body zeigen zu können. Auf Seite drei präsentiert er uns einen Lusttropfen, herausquellend aus seinem ebenfalls tätowierten prallen Schwanz. So also sieht das Glück der Schwulen 2013 aus. Wie gewohnt erwarten den Leser viele weitere Fotografien nackter Männer in Aktion, in Umarmung, sich penetrierend, in Ekstase, malträtiert, lustvoll verzückt, entrückt und entspannt nach dem Orgasmus. Da liegt das Lebensglück des schwulen Mannes. Glücklich sind auch alle die, die hier posen dürfen, sich selbst darstellen, ihre pralle Rute präsentieren oder ihren Arsch. Bis zur letzten Seite.
Einige der ausgewählten Texte strotzen vor Belanglosigkeit und Beliebigkeit, aber es gibt Perlen, die unendlich berühren. Herausragend J. Walthers „Winterlinde“, die zart erzählte Geschichte einer Beziehung zwischen einem jungen Mann und seinem 20 Jahre älteren Partner. Im Endstadium der Pflege. Die Tagebuchnotizen „Jetzt und Hier“ von Michael Sollorz sind ebenfalls sehr lesenswert. Auch Gedichte und Interviews durchziehen den Band. Comics, Cartoons und einige Zeichnungen und Bilder runden illustrativ das sexuelle schwule Begehren ab.
Dem schwulen Auge wird hier erneut geboten, was es sich erhofft, eine Mischung aus ins Bild gesetzter Erotik aller Facetten und ins Wort gefasster schwuler Lebenswelt. Für die elfte Ausgabe wünscht sich der anspruchsvolle Leser allerdings etwas mehr an künstlerisch gehaltvollen Abbildungen und mehr Texte, die literarische Ansprüche erfüllen.
Rinaldo Hopf/Axel Schock (Hg.): Mein schwules Auge 10, Konkursbuch Verlag, 320 S., 16,80 Euro, im Abo 12 Euro
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