Kultur
   11 Jahre
Foto: Bavaria Pictures/ Dor Film/ Warner Bros. Entertainment/ Rolize/ B.A. Production/ ARRI Film & TV Services/ Stefan Falke

Ludwig II. darf nicht schwul sein

Wie dreht man heutzutage einen Film über den bayerischen Märchenkönig Ludwig II.? Stellt man die Verschwendungssucht durch seine Märchenschlösser in den Mittelpunkt? Die zahlreichen Untersuchungen über seinen tragischen Tod im Starnberger See? Oder doch seine homoerotischen Neigungen? Alle Facetten seines Lebens sind so oft untersucht worden, dass es für jedes Detail glühende Fans und fanatische Gegner gibt – Ludwig II. ist für manche eine Glaubensfrage.

Die Regisseure und Drehbuchautoren Peter Sehr und Marie Noelle haben sich entschieden, Ludwigs Liebe zur Kunst und speziell zur Musik von Richard Wagner in den Mittelpunkt zu stellen. Ihr ordnet er fast alles in seinem Leben unter, auch seine Schlösser sieht er als Schauplätze von dessen Opern. Außerdem erscheint uns Ludwig als politischer Zauderer, der Frieden für seine Untertanen möchte, dabei aber die Notwendigkeit äußerer Sicherheit übersieht, als ein Schöngeist, der für die Rolle des Königs ungeeignet ist. Zum Beweis werden viele historische Fakten in die Handlung eingeflochten, von der Schlacht bei Königgrätz bis zur Kaiserproklamation in Versailles. Tatsächlich wird auf diese Weise ein Zerrbild von Ludwig II. konstruiert. So hat er in Wahrheit die administrativen Aufgaben seines Amtes durchaus gewissenhaft ausgeführt, erst später überließ er die Geschäfte zunehmend seinen Ministern.

Nicht ganz korrekt geht es auch bei Ludwigs Privatleben zu, allzu schwul möchten die Autoren ihren Protagonisten nicht sehen. Nach einem Kuss mit seinem Stallmeister Richard Hornig (Friedrich Mücke) ist Ludwig über seinen Fehltritt selbst so erschreckt, dass er Richard den Schwur abnimmt, so etwas nie wieder zu tun. Folglich lebt er sexuell enthaltsam, ist sich seiner homoerotischen Neigungen zwar bewusst, erlaubt sich aber nicht, diese auszuleben. Das entspricht nicht der historischen Wahrheit: Schon der Untersuchungsausschuss zu Ludwigs Tod brachte allerlei „außerordentlich peinliche Dinge“ zu Tage, darunter Affären mit jungen Reitknechten. Es gibt auch Briefe, in denen Ludwig einen Freund beauftragte, in ganz Europa Jünglinge nach seinem Geschmack zu suchen.

Diese Auslassungen sind besonders gravierend, weil sich die Regisseure und Autoren eigentlich vorgenommen hatten, den Menschen Ludwig zu zeigen und Einblicke in sein Seelenleben zu gewähren. Peter Sehr: „Wir wollen die Kinozuschauer für Ludwigs Ideen begeistern – die finden wir nämlich ganz toll!“ Gemeint ist die Idee, dass die Kunst die Menschen besser machen kann. Dieser Sichtweise müssen sich dann die Fakten unterordnen.

Wenn man über diese Mängel hinwegsehen kann, hat die Neuverfilmung von Ludwig II. durchaus ihre Stärken. Eine Fülle guter Schauspieler, darunter der gut aussehende Sabin Tambrea als junger Ludwig (Foto), die Originalschauplätze von der Münchener Residenz über Versailles bis Neuschwanstein, die Kostüme und die Maske lassen das 19. Jahrhundert überzeugend wieder auferstehen.

Und hier geht es zum Trailer.

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