Kultur
   7 Jahre
Foto: Julian Mars

Rezension: Jetzt sind wir jung - Julian Mars

Darkroom oder Schlampe, das ist hier die Frage. Nein ist es eigentlich nicht. Schlampe im Darkroom, das ist die Antwort. Zumindest eine davon. Julian Mars Roman „jetzt sind wir jung“ beschäftigt sich schon wirklich sehr ausgiebig mit diesem Thema, muss das aber auch, denn sein Hauptcharakter, Felix, Anfang 20 ist eine Schlampe, ist eine Schlampe …. ist… eine… Schlampe! Nein, das ist nicht zu hart, das gesteht er sich ja irgendwann auch selbst ein.

Zurück aus der Vergangenheit
Oh Gott, Martin! Der Ex, auch das noch, an der Supermarktkasse, na super, und das mitten in Hamburg. So weit so schlecht, wenn da nicht einige Umstände wären, die das Ganze zum Riesendrama machen. Denn genau das ist es für Felix, bzw. löst es auch noch aus, ein RIE-SEN-DRA-MA.Ein knappes Jahr ist es her, dass es zu einem üblen Showdown kam, an dessen Ende Martin dann verschwunden war. Naja Showdown ist übertrieben. Eigentlich war es ja eher… Nein halt, kein Spoiler.

Die Begegnung mit Martin führt dazu, dass Felix sein Leben Revue passieren lässt. Wenn der Schwanz erst mal pulsiert, dann muss da auch was mit passieren und zwar bitte nicht nur mit der eigenen Hand. So treibt sich Felix, Sohn reicher Eltern, bereits als Teenager auf dem Bahnhofsklo rum und wird so früh, wie er es eben schafft Stammgast im „Black Hole“ Und ja dieses Etablissement hält genau, was es verspricht. Und das auch mehrmals wöchentlich. Feste Bindung? Partner? Etwas mit dem Leben anfangen? Wozu? Wenn für jemanden die Formulierung „sich durchs Leben vögeln“ hätte erfunden werden müssen, dann für Felix.

Kein Schwanz wird so hart wie das Leben
Ironie des Schicksals, dass er irgendwann mit seinem Faktotum Gabriel zum Aids-Test geht. Beim Ausfüllen des Fragebogens muss er es sich erstmals eingestehen, dass er ist, was er ist, eine Schlampe. Ausgerechnet bei diesem Test lernt er Martin kennen. Lehramtsstudent, der bei der Aidshilfe arbeitet und ihn auf seinen Test vorbereitet. Naja, so weiß der Gute zumindest, was auf ihn zukommt. Das hält beide zumindest nicht ab. Flirten auf Teufel komm raus, mit anschließender Monogamie. Wenn da nicht irgendwann dieses Jucken, dieser Reiz, diese Faszination eines anderen Schwanzes wäre. Ist es alles doch zu schön? Vor allem um wahr zu sein?

Natürlich erliegt Felix diesem Reiz und natürlich verändert es alles zwischen den beiden. Der Bruch ist unausweichlich. Ist er das? Nun er passiert und damit kommt Felix‘ Leben endgültig aus dem Gleichgewicht. Er lässt sich hängen, geht nicht mehr zur Uni und –natürlich- vögelt sich wieder so richtig durch die Tage, Wochen, Monate. Martin ist weg, keiner weiß wo, und die die es wissen müssen haben versprochen, nichts zu sagen. So bleibt er ein knappes Jahr verschwunden. Bis…, ja bis zu dem Beinahe-Treffen an der Supermarktkasse. Felix hat schnell weggeguckt und sich davon gemacht, aber es ist kristallisiert sich nun mal raus, dass es Realität scheint. Wenn Martin zurück in Hamburg ist, dann wird er auch auf Tamara Testicles Begräbinis-Party auflaufen. Und dann werden sie miteinander reden müssen. Wirklich?

Spiel, Spaß und auch ein bisschen Spannung
Es ist ein Debutroman, aber das will bekanntlich nichts heißen, denn es gibt altgediente Autoren, die Mist verzapfen können und Erstlinge, die zeigen, was ‘ne Harke ist. Nun das Buch hat von beidem etwas. Wortgewaltig ist er der Herr Julian Mars und sich nicht zu fein, auch klare Worte aus seinen Tasten fließen zu lassen, Beschönigung kann man ihm nicht vorwerfen. Das ist das wirklich Angenehme an „jetzt sind wir jung“, dass es sich das Recht herausnimmt, ganz unverkrampft Dinge zu beschreiben, die wir alle irgendwie kennen, die aber die Pietät doch so gern in den „Ü18“-Bereich verbannt. Aber ist das ein Privileg der Jugend? Rechtfertigt das den Titel? Nein! Und wer schon mal die ganzen „alten“ Säcke beim Resteficken beobachtet hat, der weiß, Unvernunft, Dauerfeierei und Dauergeilheit sind jetzt nicht gerade rein jugendliche Phänomene. So muss man annehmen, dass der Titel eigentlich gar nichts sagen möchte, sondern wirklich nur ein Zitat aus einer in dem Buch ablaufenden Szene ist. Nun ja.
Während der Roman oberflächlich als spannend bezeichnet werden kann, lässt er doch auf den 256 Taschenbuchseiten im Laufe der Zeit Tiefe vermissen. Die klare Sprache schafft es zwar Bilder vor den Augen des Lesers entstehen zu lassen, aber es kommt keine Anteilnahme auf. Die Beteiligten agieren und der Leser schaut eben nur zu.
Eines ist aber mal klar, Julian Mars traut sich was und das wirkt. Das nimmt mit! Und zwar ganz bis an das Ende dieses Buches. Und noch was ist klar. Das war sicherlich nicht das Letzte, was man von Herrn Mars lesen durfte.
Und?
Na klar….
Und das ist auch gut so!

Julian Mars
„jetzt sind wir jung“
Albino Verlag
256 Seiten
Taschenbuch 14,99 €
Ebook: 9,99 €

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