Sergej Eisenstein entdeckt das Leben
Der berühmte russische Regisseur Sergej Eisenstein drehte 1928 einen Film über die russische Revolution mit dem Titel „Oktober – Zehn Tage, die die Welt erschütterten“. Im Jahr 2015 geht es um die zehn Tage, die das Leben des Sergej Eisenstein erschütterten. Mit „Eisenstein in Guanajuato“ meldet sich der schwule Regisseur Peter Greenaway nach längerer Pause und ein paar wenig beachteten Filmen zurück.
Eisenstein kommt im Jahr 1931 nach Mexiko, um dort einen neuen Film zu drehen. In Guanajuato findet er nicht nur herzliche Aufnahme, sondern trifft auf eine für ihn fremde Welt. Aus der stalinistischen Sowjetunion ist er Mangelwirtschaft und Meinungsterror gewohnt, hier dagegen kann er sich vergleichsweise frei entfalten. Besonders angetan ist der Filmemacher, der mit seinen 33 Jahren immer noch Jungfrau ist und dem Sex bereits abgeschworen hat, von seinem attraktiven Führer Palomino Canedo. Dieser ist zwar hetero, glücklich verheiratet und hat zwei Kinder, doch das Leben in Mexiko ist viel bunter als Sergej geahnt hat. So erlebt er eine sinnenfrohe, vieles in Frage stellende Entdeckungsreise.
Die Filme von Peter Greenaway („Der Kontrakt des Zeichners“, „Der Bauch des Architekten“, „Verschwörung der Frauen“, „Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber“, „Prosperos Bücher“) hatten schon immer etwas Artifizielles, um nicht zu sagen Manieristisches. Auch diesmal schwelgt er wieder in exquisiten Ausstattungen, in perfekter Wahl von Kostümen und Schauplätzen und in der wunderbar eingesetzten Musik von Prokofjew. Der Film ist darüber hinaus durchaus auch komisch und manchmal sehr freizügig. Dabei ist er nicht so leicht wie es manchmal scheint, die Dreiteilung des Bildschirms in der Anfangsphase verlangt schon höchste Aufmerksamkeit. Und wie immer ist Greenaways Drehbuch so dicht gespickt mit Sätzen, über die man eigentlich noch mal nachdenken müsste, dass man den Film zweimal sehen muss, um alle Gedanken verarbeiten zu können.
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