Kultur
   9 Jahre
Foto: Warner Bros.

Witzig, romantisch und politisch unkorrekt

Kostja Ullmann und Ken Duken als schwules Paar – allein das ist den Eintritt schon wert. Kostja oben ohne und sogar nackt von hinten – was will man mehr? Und eine romantische Komödie, in der sich ein schwuler Mann in eine Frau verliebt? Okay, das will vielleicht nicht jeder sehen, doch was man aus drittklassigen Fernsehfilmen kennt, wird in den Händen des schwulen Regisseurs Marco Kreuzpaintner eine glaubwürdige Geschichte.

Der Männerfriseur Tom Herzner (Kostja Ullmann) ist der Überflieger der Berliner Szene, gerade wird er für sein erstes Shampoo gefeiert. Sein Freund und Manager Robert (Ken Duken) allerdings hat eine unangenehme Überraschung für ihn: Die Geldgeber verlangen, dass er auch ein Produkt für Frauen auf den Markt bringt. Tom, der keine Ahnung von Frauen hat, muss deshalb eine Woche lang im Salon von Heidi (Aylin Tezel) in Neukölln arbeiten, verkleidet mit blondierter Perücke als schwule Aushilfe namens Horst. Der Glamourstar im Kiez, das ist zunächst ein lustiger Kulturclash. Doch die selbstbewusste und natürliche Heidi schafft es, Toms Fassade zu knacken und aus ihm einen einfühlsamen Mitarbeiter zu machen. Vielleicht sogar ein bisschen zu einfühlsam, denn die beiden entwickeln langsam Gefühle füreinander.

Eine romantische Komödie funktioniert nach Ansicht von Marco Kreuzpaintner nur dann, wenn die Liebenden vor unüberwindbaren Hürden stehen. Solche gebe es aber heutzutage kaum noch, nur in sexueller Hinsicht gebe es solche Grenzen. Und so sind es natürlich auch Toms Freunde, die verhindern wollen, dass sich eine Beziehung zwischen ihm und Heidi entwickelt. Ihnen geht es um die Galionsfigur, die von allen Gesellschaftsschichten akzeptiert wird. An dieser Stelle bekommt die schwule Community ihr Fett ab, die oft im Schubladendenken festgefahren ist: schwul oder hetero, dazwischen kann es nichts geben. Immer wieder gibt es kleine Seitenhiebe wie gegen das Schwulenmagazin, das nur noch aus Lifestylethemen und Werbung besteht. Identitäten werden in Frage gestellt, wenn beispielsweise Heidi eher burschikos auftritt und eine Latzhose trägt.

Man kann Marco Kreuzpaintner vorwerfen, dass er in „Coming in“ mit vielen Klischees arbeitet, aber dies passt, da er sie dann auch immer wieder in Frage stellt. Nur ein schwuler Regisseur kann es sich erlauben, derart selbstironisch und politisch unkorrekt zu sein. Darüber ist nach der Veröffentlichung des Trailers bereits in einigen Foren gestritten worden. Tatsächlich will Marco Kreuzpaintner die Perspektive des Zuschauers erweitern, er nennt es „erwachsener mit dem Thema sexuelle Orientierung umgehen“. Damit gewinnt am Ende das Menschliche.

Großes Lob auch für die Schauspieler: Kostja Ullmann gibt in Gestik und Bewegungen völlig überzeugend den Schwulen, und Aylin Tezel ist hier so süß und gleichzeitig so frech, dass man sich in ihre Rolle einfach verlieben muss. Und selbst der Kuss zwischen Kostja Ullmann und Ken Duken wirkt überzeugend. Der Soundtrack des Films stammt übrigens vom Rosenstolz-Team Peter Plate und Ulf Leo Sommer, die Songs werden von Chris Schummert (Zweiter bei „The Voice of Germany“) gesungen.

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