Reise
   10 Jahre
Foto: Bellanger: Abel, Foto: Musée d'Orsay

Masculin-Ausstellung in Paris

Wer die Ausstellung „Nackte Männer“ im vorigen Jahr in Wien verpasst hat, hat jetzt noch einmal die Gelegenheit im Musée d’Orsay in Paris. Im Zentrum von „Masculin/ Masculin“ steht der männliche Akt in den letzten 200 Jahren. Dabei haben die Künstler im 19. Jahrhundert und auch noch danach die Darstellung idealisierter Körper bevorzugt. Um der künstlerischen Darstellung würdig zu sein, musste sich der abgebildete Körper von dem eines alltäglichen Mannes unterscheiden, er musste männlich-muskulös sein. Im Zuge des Nationalismus in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde der Körperkult dann für die jeweiligen Ideologien missbraucht: Der Athlet verkörperte die Nation und die Fähigkeiten, das Land im Krieg zu verteidigen. Dabei wurde jedoch der Penis schamhaft hinter geschickt platzierten Draperien, einem Riemen oder einer Schwertscheide verhüllt.

Die Avantgarde des 20. Jahrhunderts brach zwar mit dem klassischen männlichen Akt, doch trotz ihrer Neuerungen faszinierte er die Künstler noch bis in die Jahre zwischen den Weltkriegen und teilweise sogar noch heute. Erst im Zuge der Männlichkeitskrise wurde der Status des Helden erneuert und dem Zeitgeist angepasst, seine körperlichen Eigenschaften diversifizierten sich. Doch ganz gleich ob es sich um einen Star oder um junge Männer auf den Straßen Harlems handelt, die Aussagekraft des nackten Körpers ist ungemindert.

Der Bruch mit den klassischen Regeln eröffnete den Künstlern neue Perspektiven, den körperlichen Leiden oder Qualen Ausdruck zu verleihen. Die Vorliebe für die Darstellung körperlicher Qualen erklärt sich durch den Niedergang des akademischen Aktes und der klassischen Mäßigung. Der Schmerz des männlichen Körpers spiegelt auch die Machtkämpfe zwischen Männern und Frauen in der heutigen Epoche wider: Der nackte Körper kann entwürdigend wirken und die Männlichkeit und männliche Dominanz in Frage stellen.

Die zeitgenössische Kunst offenbart dann die gesamte Vielfalt des Blickes: Nun kann der geschundene Körper auch als Rechtfertigung für eine neue Fetischisierung des Körpers dienen. Oder es gibt den ästhetischen Ansatz von Fotografen, die mit der Zerstückelung des Körpers experimentieren. Doch genauso kann die Erotik obszöne Züge annehmen: Schönheit und Verführung brechen mit dem Ideal der Vergangenheit und berufen sich auf die neuen Gepflogenheiten und die zeitgenössische Kultur. Im Zuge der Emanzipation des Sexualverhaltens wird unverhüllt eine gewisse Wollust zur Schau gestellt und der männliche Körper ist oftmals stark sexuell geprägt.

Die Ausstellung zeigt Werke von David, Abildgaard, Peynot, Desmarais, Duseigneur, Le Brun, Court, Lecomte de Nouy, Bouguereau, Mueck, Fabre, Bazille, Flandrin, Gloeden, Giraudet, Hodler, Schiele, Hoyningen-Huene, Jannsson, Cadmus, Cocteau, Wiley, Bourgeois, LaChapelle, Pierre & Gilles und anderen. Sie ist noch bis zum 2. Januar zu sehen, der Eintritt kostet 12 Euro. Das Ausstellungsplakat zeigt übrigens den Merkur von Pierre & Gilles. Mehr Infos gibt es hier.

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