Boulevard
   10 Jahre
Foto: Michael Adam

Medien jagen Michael Adam

Michael Adam, der schwule Landrat des Kreises Regen in Bayern, ist unter gewaltigen Druck geraten. Nachdem einige Zeitungen reißerisch „enthüllt“ hatten, dass er in seinem Büro Sex mit einem anderen Mann hatte, muss der junge Politiker um seinen Job fürchten. Obwohl sich nun auch sein eigener SPD-Kreisverband für Neuwahlen ausgesprochen hat, will der 28-jährige Adam die Sache durchstehen.

Alles begann mit einer Geschichte in der „Bild am Sonntag“. Die hatte einen 20-Jährigen gefunden, der im Dezember 2012 über Gayromeo in Kontakt zu Michael Adam gekommen sein will. Demnach soll der Landrat ihn mit dem Dienstwagen abgeholt und zum Landratsamt gefahren haben. Dort hätten sie Sex auf einer Ledercouch in einem Konferenzraum gehabt. Außerdem habe Adam ihn gebeten, Poppers mitzubringen. Danach soll der junge Mann noch zweimal zum Sex ins Amt gekommen sein. „Bild am Sonntag“ wies dabei genüsslich darauf hin, dass Adam seit 2012 eine Eingetragene Lebenspartnerschaft mit einem anderen Mann habe.

Wo liegt nun der Skandal? Im Fremdgehen? Beim Sex im Amt? Oder beim Poppers? Oder vielleicht nur im Schwulsein an sich? Michael Adam erkannte jedenfalls die Gefahr für seine Karriere und trat die Flucht nach vorne an: Er verbreitete auf dem offiziellen Briefpapier des Landkreises Regen eine Presseerklärung, in der er die Affäre und den Sex im Büro zugab. „Beides bedauere ich sehr. Beides hat aber nichts mit meinem Amtsaufgaben zu tun und beides ist moralisch möglicherweise verwerflich aber nicht strafbar. Es war in moralischer Hinsicht ein Fehler von mir, dass ich private Treffen in meinem Büro abgehalten habe. Rechtlich zu beanstanden ist dies in keiner Weise.“ Er entschuldigte sich bei seinem Lebenspartner und bei den Bürgern, bestritt aber den Gebrauch von Poppers.

Michael Adam hatte sich durch seinen raketenartigen Aufstieg in der Politik einen Namen gemacht. Obwohl er schwul und evangelisch sowie Mitglied der SPD ist, wurde er mit nur 23 Jahren zum Bürgermeister von Bodenmais im Bayerischen Wald gewählt. Im Jahr 2011 wurde er in Regen der jüngste Landrat Deutschlands. Das Kommunikationstalent galt als künftiger Hoffnungsträger der bayerischen SPD. Allerdings hatte er es sich vor einem Jahr mit seinem Landesvorsitzenden Florian Pronold verscherzt, den er in einem privaten Facebook-Eintrag als „Speichellecker“, „Ja-Sager“ und „Ballast“ bezeichnet hatte. Pronold fehle es an Selbstkritik, an Gestaltungsfähigkeit und an Integrität, er habe mehr sein eigenes Wohl als das der Partei im Blick. Seit diesem Zerwürfnis hat Adam viele Gegner auch in der eigenen Partei, dazu natürlich bei der CSU, die sich sorgen machen muss, dass hier mittelfristig ein ernster zu nehmender Gegner erwachsen könnte als der biedere Pronold. Dementsprechend sprach Adam nun in seiner Presseerklärung von einer „gezielten Kampagne“ gegen ihn, die ihm politisch schaden solle.

Adams Hoffnung, die Diskussion mit seiner Presseerklärung ersticken zu können, erfüllte sich nicht. Einige Zeitungen wühlten weiter und berichteten, dass er im Gespräch mit seinen Abteilungsleitern den Poppers-Konsum zugegeben habe. Auch wurde die Regierung von Niederbayern als zuständige Dienstaufsichtsbehörde nach den Konsequenzen befragt. Diese erklärte, dass es keine dienstrechtlichen Konsequenzen gebe und man im Übrigen das Privatleben von Landräten nicht kommentiere. Michael Adam gab dem Bayerischen Rundfunk ein Interview und gab dabei noch drei weitere Begegnungen in seiner vorherigen Funktion im Rathaus von Bodenmais zu. Er erzähle dies, um deutlich zu machen, dass die „Medienhetze“ mit viel weitergehenden Behauptungen wie Sexpartys und Bordellbesuche nichts mit der Wahrheit zu tun habe.

Gestern nun gab Michael Adam auch noch eine Pressekonferenz zu der ganzen Geschichte, um nun auch allen Medien Rede und Antwort zu stehen. Inhaltlich kam dabei nichts Neues ans Licht. Es ging ihm auch um etwas anderes: „Ich hoffe, es wird wahrgenommen, dass ich heute meinen Mann stehe. Dass ich nicht vertusche, was passiert ist. Dass ich aber hiermit auch einen Schlussstrich ziehen möchte.“

Doch die Sache hat schon lange eine Dynamik entwickelt, die Michael Adam selbst gar nicht mehr kontrollieren kann. Die stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende Rita Röhrl, lange Zeit Adam-Fan, schlug Neuwahlen vor, damit sich zeigen könne, ob der Landrat noch das Vertrauen der Bevölkerung habe oder nicht. Darauf erhielt sie anonyme Drohmails von Adam-Anhängern, in denen ihr angebliche eigene Affären angedichtet wurden. Michael Adam hat eine vorzeitige Neuwahl abgelehnt: „Ich habe ganz klar versprochen, dass ich sechs Jahre Landrat bin und werde das auch tun.“ Auch die CSU rechnet nicht mit einer Neuwahl. Wenn Michael Adam die Affäre jetzt überstehen sollte, so ist sein lange Zeit strahlender Ruf doch deutlich beschädigt: „Ich werde noch lange um meine Reputation kämpfen müssen.“

 
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