Gesellschaft
   12 Jahre
Foto: Philipp Hienstorfer

St. Petersburg verabschiedet Anti-Homo-Gesetz

Trotz internationaler Proteste verbietet der Stadtrat Aufklärung zu schwulen und lesbischen Lebensweisen.

Angeblich Schutz von Minderjährigen

In St. Petersburg haben Lesben, Schwule, Bis und Transgender keine leichte Zeit. Das Stadtparlament hat heute in dritter und letzter Lesung mit einer deutlichen Mehrheit von 29 Ja- zu fünf Nein-Stimmen ein Gesetz verabschiedet, das die "Propagierung von Homosexualität und Pädophilie gegenüber Minderjährigen" unter Strafe stellen soll. 15 Abgeordnete nahmen indes an der Abstimmung nicht teil.

Was genau in Russlands zweitgrößter Metropole alles unter den Begriff "Propaganda" fällt, kann nur vermutet werden – wahrscheinlich aber alles, was auch nur im Ansatz nach Homosexualität riecht. Definitiv verboten wird mit Inkrafttreten des Gesetzes zum Beispiel das Hissen einer Regenbogenflagge. Auch die Planung oder Durchführung von Umzügen oder Kundgebungen ist ebenso illegal wie die Veröffentlichung von homo-freundlichen Artikeln oder Organisation von Diskussions- oder Kulturveranstaltungen zu les-bi-schwulen Lebensweisen.

Erreichen will das Parlament nach offizieller Darstellung, dass Kinder und Jugendliche besser geschützt werden. Wer sich nicht an die neuen Vorgaben hält, muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Vorgesehen ist eine Staffelung – je berühmter oder einflussreicher ein "Täter" ist, desto höher soll auch das Bußgeld ausfallen. Maximal können eine halbe Million Rubel (rund 12.500 Euro) fällig werden.

"Ich schäme mich"

Die Aktiven zeigten sich in ersten Stellungnahmen völlig fassungslos, so wie Igor Kotchetkov, Vorstandsmitglied von Coming Out, der größten Organisation von Lesben, Schwulen, Bis und Transgendern in der Metropole: "Ich schäme mich für St. Petersburg, ich schäme mich für die Abgeordneten. Wir wissen, dass sich die Mehrheit von ihnen sehr wohl der Absurdität und Ungerechtigkeit dieses Gesetzes bewusst ist." Allerdings: "Sie können nicht ihrem Gewissen gemäß abstimmen, weil viele von ihnen ihre Sitze nicht dem Willen der Wähler, sondern den Machthabern zu verdanken haben."

Die Missachtung demokratischer Prozesse öffne „die Tür für die 'Milonovs'“, für Fanatiker und Fundamentalisten. „Üblicherweise kommen nach den 'Milonovs' die Faschisten. Gesetze gegen Schwule und Lesben seien nur der Beginn. "Diejenigen, die den 'Triumph traditioneller Werte' bejubeln, werden sehr bald überrascht sein, sich selbst unter den 'Verbotenen' wiederzufinden."

Kein gutes Klima in Russland

St. Petersburg ist nicht die erste Stadt oder Region in Russland, die "Homo-Propaganda" unter Strafe stellen will. In drei kleineren Bezirken des Landes, Rjasan, Archangelsk und Kostroma, gibt es solche Gesetze bereits.

Eine Art Mini-Pride von gerade mal 15 Aktivisten wurde im letzten Juni schon binnen Minuten aufgelöst, die Teilnehmer vorübergehend verhaftet. Auch in der Hauptstadt Moskau scheitert Jahr für Jahr jeder Versuch einer ordnungsgemäßen Genehmigung eines CSDs an den Stadtautoritäten.

Gebietsgouverneur Georgiy Poltavchenko hat jetzt 14 Tage Zeit, das verabschiedete Gesetz zu prüfen. Mit seiner Unterschrift tritt es in Kraft.

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