Gesellschaft
   13 Jahre
Foto: Viktor Vahlefeld & Volker Glasow

Zehn Jahre Homo-Ehe

"Vater der Homo-Ehe" – so taufte Green Godfather Joschka Fischer (damals noch Vizekanzler) beim Kölner CSD 2005 seinen Fraktionskollegen Volker Beck. Vor zehn Jahren, am 1. August 2001, schlossen republikweit die ersten schwulen und lesbischen Paare die Eingetragene Lebenspartnerschaft. Wir haben ihn interviewt.

Die Mauer fiel am 9. November 1989, und nur wenige Tage später hast du gemeinsam mit deinen langjährigen Mitstreitern Manfred Bruns und Günter Dworek bei der Mitgliederversammlung des (längst verblichenen) Bundesverbands Homosexualität ein politisches Sofortprogramm vorgestellt, das auch die Öffnung der bürgerlichen Ehe für schwule und lesbische Paare forderte. Wie waren damals die Reaktionen?

Gegenüber der Ehe für Lesben und Schwule war die Community zunächst überwiegend ablehnend, selbst eine Regelung für homo- und heterosexuelle nichteheliche Paare war eher umstritten. Meines Erachtens lag dem Konflikt ein kulturelles Missverständnis des modernen Familienrechtes zu Grunde. Uns ging es darum, schwulen und lesbischen Paaren die gleichen Möglichkeiten zu eröffnen, um die Rechtsprobleme einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zu lösen, wie sie heterosexuelle Paare jederzeit mit der Eheschließung haben.

Wie argumentierten die Kritiker?

Sie fürchteten, wir verfolgten ein Leitbild des guten schwulen oder lesbischen Lebens. Dabei regelt das Familienrecht nur die rechtliche Solidarität einer Lebensgemeinschaft, für das übrige Beziehungs- und Sexualleben interessiert es sich zurecht nicht.
Wenn jemand heiratet, heißt das eben nicht automatisch, eine sexuell monogame Beziehung zu führen. Offene Beziehungen, sexuelle Monogamie und das Feiern wilder Orgien sind mit und ohne Trauschein gleichermaßen möglich. Da soll jede und jeder den eigenen Weg zu Glück und Befriedigung finden.

Du engagierst dich seit 1985 bei den Grünen, warst von 1987 bis 1990 Schwulenreferent der Bundestagsfraktion und sitzt seit 1994 selbst im Parlament. Hat sich denn deine Partei sofort für eure Initiative erwärmen können?

In den 1980er Jahren wurde bei den Grünen und generell in der linksliberalen Szene lebhaft darüber debattiert, ob man die Öffnung der Ehe oder ihre Abschaffung verfolgen sollte. Ich war damals und bin bis heute der Auffassung, dass die Diskriminierung einer Minderheit nicht hinnehmbar ist. Deswegen war für mich klar: Die Gleichstellung für lesbische und schwule Paare ist entscheidend für unsere Stellung in der Gesellschaft. Bereits 1990 wurde die Forderung nach Öffnung der Ehe Beschlusslage in Bundespartei und Bundestagsfraktion.

Irgendwann wurde die Öffnung der bürgerlichen Ehe auf eine Eingetragene Lebenspartnerschaft "heruntergedampft". Wie kam es dazu?

Es war ein klassischer Koalitionskompromiss. Die SPD war 1998 noch nicht zur Öffnung der Ehe bereit. Da haben wir entschieden: Wir nehmen, was wir kriegen können, ohne das Ziel der Gleichberechtigung aus den Augen zu verlieren. Zehn Jahre Lebenspartnerschaft sind auch ein wichtiges Kapitel im Kampf um Fortschritte für die Gleichberechtigung der Lesben und Schwulen.

Wie ging es den Sozialdemokraten, als sie sich mit der Idee einer Homo-Version der Ehe anfreunden mussten?

Die SPD und ihre Justizministerin wollten sich 1998 zunächst nur auf eine "Ehe light", also eine Eingetragene Lebenspartnerschaft praktisch ohne Rechte, einlassen. Wir haben dann aber in einem zähen Kampf durchgesetzt, dass wir mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz und dem zustimmungspflichtigen Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetz grundsätzlich gleiche Rechte anstreben.

Erst nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, in dem das Gericht deutlich gemacht hat, dass auch eine Eingetragene Lebenspartnerschaft mit vollen Rechten und Pflichten zulässig ist, hat die SPD diese Position dann auch offensiver vertreten. So konnten wir 2005 unter Rot-Grün die Stiefkindadoption und die Gleichbehandlung etwa bei der Hinterbliebenenversorgung und allen Rechtsbereichen, die nicht der Mitsprache des Bundesrates unterliegen, beschließen. Damals war die SPD aber immer noch nicht bereit, beim Adoptionsrecht auf jegliche Diskriminierung zu verzichten.

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