Kultur
   9 Jahre
Foto: Homo Littera

Lavat: Eine schwule Liebe im Iran

Was wäre, wenn unser Coming-out nicht in unserer westlichen Welt stattgefunden hätte? Wenn wir von Muezzins und Minaretten umgeben gewesen wären? Stefan Klemann zeichnet mit seinem Buch „Lavat“ aus dem österreichischen Homo Littera Verlag ein beeindruckendes und beklemmendes Bild genau dieser Vision.

An einem Nachmittag im Park gestehen sich die Studenten Rashno und Hamid ihr Interesse am eigenen Geschlecht. Hamid geht noch ein bisschen weiter. Er eröffnet Rashno, dass das Liebesgedicht, welches er ihm zum Lesen gab, seinen Weg nicht nur mit der Bitte um Korrektur zu ihm gefunden hat. Tief berührt reagiert dieser aber nicht ganz so wie von dem Liebenden erwartet. Zwar wird Hamid damit belohnt, das Rashno nicht sofort aufspringt und wegrennt, wie man das üblicherweise von einer Hete erwartet hätte, aber schnell setzt eine kleine Enttäuschung darüber ein, dass der begehrte Mann eben nicht die gleiche Liebe empfindet wie er selbst.

Trotzdem tut dieses Outing beider Freundschaft keinen Abbruch. Es schweißt die jungen Männer eher zusammen, die wissen, dass in ihrem Land, dem Iran, allein auf ihre Empfindungen bereits die Todesstrafe steht. So leben sie ihr Leben im Geheimen, bis es zu einer dramatischen Zuspitzung kommt.

Rashno wird auf einer Familienfeier seiner zukünftigen Braut vorgestellt. Das entsetzt ihn so sehr, dass er das Tabu seiner Gesellschaft bricht. Er rennt weg und flieht zu Hamid – in der Hoffnung, dass dieser das Chaos in seinem Leben lösen kann. Schnell wird Hamid zu einem festen Bestandteil in seinem Leben, der so sehr in seinen Mittelpunkt rückt, dass aus Freundschaft endlich Liebe wird. Eine Zeit lang ist beiden sogar ein gemeinsames Leben in einer kleinen Studentenwohnung vergönnt. Bis zu dem Tag, an dem Rashnos Familie beschließt, dass der verlorene Sohn seinen Weg zurück in die Gesellschaft finden muss oder er eben dem Schicksal überlassen werden muss, das auf jeden jungen Mann wartet, der sich dem Unsagbaren hingeben will. Der Strang!

An manchen Stellen wirkt es auf den ersten Blick so, als wenn Klemann lediglich einige Klischees runterbeten würde, das relativiert sich jedoch schnell, und die Geschichte nimmt ihren Lauf. Im besten und im schlechtesten Sinne. Der Autor führt seine Leser durch die Höhen einer jungen Liebe, schürt die Verlustängste und stülpt die Verzweiflung geradezu über seinen Leser in Momenten des Verlustes.

Gerade in der aktuellen Diskussion um die Geschehnisse in den islamischen Ländern führt das Buch von Klemann jedoch relativ klar und deutlich vor Augen, was passieren kann, wenn man sein Coming-out eben nicht in der Sicherheit der westlichen Welt hat. In klaren und deutlichen Worten beschreibt er die Situation und nimmt den Leser mit auf die Reise in eine fremde Kultur, in der sich doch wohl bekannte eigene Empfindungen Platz und Raum suchen. Schnell stellt man fest, dass die Dinge, die wir fühlen, andere auch fühlen, diese aber gesellschaftlich gar nicht den Raum haben, diese Empfindungen entwickeln oder ausleben zu dürfen.

Fazit: Dieses Buch passt nicht nur in die Zeitgeschichte, es wirft auch ein etwas anderes Licht auf das aktuelle Tagesgeschehen in Syrien, dem Iran oder auch anderen Konfliktregionen, die uns in unserem Alltag doch so weit weg erscheinen.

Stefan Klemann: Lavat, Homo Littera Verlag, 176 Seiten, broschiert, 12,90 €, EBook 6,49 €

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