Kultur
   14 Jahre
Foto: Männerschwarm

Ralf König im Interview

Es gibt Stimmen, die Ralf Königs Bedeutung für die Sichtbarkeit und Akzeptanz von Schwulen gleichsetzen mit der von Alice Schwarzer für die Frauen. 1979 zeichnete Ralf seine ersten Comics für ein Undergroundmagazin in München und die Schwulenpostille "Rosa Flieder" in Nürnberg – und hatte sein Coming-out. Seine Comics dienen als Vorlagen für Filme ("Der bewegte Mann") und (Puppen-)Theaterstücke, seine Tableaus werden in Ausstellungen gezeigt. Mittlerweile hat er sich ein wenig weg von den schwulen Klischees bewegt, seine religionskritischen Comics "Prototyp" und "Archetyp" brachten ihm viel Anerkennung ein. König erhielt mehrmals den Max-und-Moritz-Preis, den deutschen Comic-Oscar, und gerade zum Kölner CSD die Kompassnadel des Schwulen Netzwerks NRW.
Zu seinem 50. Geburtstag am 8. August erscheint bei Männerschwarm "Die Welt der Knollennasen", ein Standardwerk zur Analyse und Würdigung des von ihm geschaffenen Universums. Rolf G. Klaiber sprach mit dem in Köln lebenden Jubilar.

Das Leben ist ja nicht immer lustig – wie viel Humor braucht ein Comic-Zeichner?

Mir verging der Humor schon zeitweise - vor allem, als damals die Jungs reihenweise an Aids starben, darunter auch mein bester Freund. Da hieß es tief durchatmen und irgendwas daraus machen. Aber daran bin ich gewachsen und auch meine Comics. Das Resultat war "Superparadise". Ansonsten bin ich unter Freunden sicher ein humorvoller Mensch, aber ich hab auch schwermütige Phasen mit Vergänglichkeitsblues.

Gibt es eine Figur oder Geschichte, auf die du besonders stolz bist?

Auch da würde ich "Superparadise" nennen. Weil das Buch so eine Balance hält zwischen lustig, geil und traurig. Leider hab ich jahrelang schrecklich kleine Buchstaben verwendet, ich kann meine Schrift heute selbst kaum lesen. Das hat mich bestimmt viele Leser gekostet, aber ich fand die Schrift damals normal.

Gibt es etwas, das du zu zeichnen bereut hast?

Es gibt viel Peinliches, besonders aus der Anfangszeit, aber das verdränge ich eher, als dass ich's bereue. Ich war jung, dumm und geil, war ne coole Zeit. Schön war's, vorbei ist's. Ich hab's oft so hingekritzelt, wie’s nun mal ist und dabei die Hosen runter gelassen, ohne Hemmungen. Gut so.

Wenn du keinerlei Rücksichten nehmen müsstest, wen würdest Du zeichnerisch mal so richtig in die Pfanne hauen wollen?

Ich nehme ohnehin wenig Rücksicht, aber halte meine Geschichten lieber allgemein. Ich bin auch kein Karikaturist. Mein Groll geht ja oft in Richtung Klerikale, und so 'nen Ratzinger und Meisner zeichne ich auch mal. Die sind ja schon Karikaturen in ihrem bekloppten Outfit, das ist leicht.

Gibt es ein gesellschaftliches Thema, das du gerne mal umsetzen würdest?

Die neuen virtuellen Medien, von denen ich so wenig verstehe und die mich auch nicht interessieren. Menschen vereinsamen vor ihren Monitoren. Ich komme nicht mehr mit bei all den Neuerungen, all das Geschrei um iPads und iPhones geht mir komplett am Ohr vorbei. Wenn man mal auf dem Sterbebett liegt, bereut man bestimmt nicht, zu wenig im Leben online gewesen zu sein.

Und jetzt im Schnelldurchlauf: Welche Rolle spielen in deinem Leben...

...Bauarbeiter? Selten sexy, aber wenn, dann hatte ich oft die Nase im Maschendrahtzaun.

… Hunde? Immer. Mein Elternhaus war mit Hunden gesegnet. Aber ich wohne mitten in der Stadt und hab leider, leider keinen.

...die Bibel? Nur zur Recherche, zum Verwursten. Die griechischen Götter überzeugen mich mehr. Für jedes Gefühl ein Gott, das ist doch schön.

...Weihnachten? Ich hasse diese drei Monate Jesuskindgeschrei. Komplett überflüssig und sehr anstrengend. Macht gemütliche Lichter an und gut ist’s!

...beste Freundinnen? Meine beste Freundin aus Teenagerzeiten ist jetzt mit 50 wieder in meinem Leben, nach Jahrzehnten! Ich freue mich sehr! Die darf das.

...Sex? Aah... Unzucht und Wollust, her zu mir! Ich war immer ein testosteronbesoffener Genießer und hoffe, es noch eine Weile zu sein.

Du wohnst seit langem in Köln, warum diese Stadt?

Ich leb nun seit 20 Jahren hier und hab hier meine Leute, Freunde sind ja nicht einfach austauschbar. Köln selbst geht mir zwar zunehmend auf den Senkel mit seiner hektischen Enge und piefigen Feierlaune, zum Beispiel diese besoffenen, pedaltrampelnden Heteros auf dem so genannten "Bierbike" ... da krieg ich schon Fluchtreflexe! Aber andererseits ist alles schön überschaubar, das kommt meinem dörflichen Naturell sehr entgegen.

Mehr zum Zeichner gibts hier.

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