Kultur
   7 Jahre
Foto: Cover-Ausschnitt Amazon.de

Rezension: Peter Rosegger - Weltgift

Ein alter Roman in neuem Gewand ist ja prinzipiell erst mal nichts Bemerkenswertes, denn es hat ihn ja schon mal gegeben. Wenn es sich bei der Geschichte auch noch um eine schwule Geschichte handelt, dann lohnt sich aber schon mal ein zweiter Blick. In der Literatur war ja eine offene Zurschaustellung oder Behandlung homosexueller Themen nicht immer gewünscht. So auch zu der Zeit, als Peter Roseggers Weltgift erstmals im Jahr 1901 veröffentlicht wurde. Dabei hat Rosegger gar nicht so deutlich geschrieben. Und trotzdem ist das Buch ziemlich sang- und klanglos aus dem Gesamtwerk Roseggers, sagen wir mal, herausignoriert worden.

Nun hat der österreichische Septime Verlag das gute Stück ausgegraben und erneut veröffentlicht. Was an sich auch nichts Spektakuläres wäre, wenn dort man nicht gerade das Risiko eingegangen wäre, ihn genau so herauszugeben, wie er geschrieben wurde. Allein schon aufgrund der 1901 in Österreich geltenden Grammatik nimmt einen dieses Buch von der ersten Seite auf eine Zeitreise mit. Addiert man dazu dann aber auch noch die akribisch genauen Schilderungen des 1913 für den Nobelpreis nominierten Autors, dann ist das Erlebnis perfekt. Aber der Reihe nach…

Ein Tagebuch und doch keins

„Heute endlich bin ich gestorben.“ Mit diesem Satz beginnt das Tagebuch des jungen Hausler, der über Jahre hinweg im Kontor des Herrn Vater Dienst getan hat. Nach Jahren hat er nun sein Erbteil eingefordert und ist eben genau kein Teil von Hausler und Sohn geworden, sondern nur noch eines: Er selbst. Frei fühlt er sich, von allen Zwängen und will das Leben genießen. Aber nicht nur. Er will dem Vater schon auch zeigen, dass er mit Geld umzugehen weiß und sich sein Leben einrichten kann.

So macht er sich auf in die Welt. Und natürlich braucht es erst mal Investitionen. Reisegepäck muss her, eine Kutsche und auch ein Kutscher muss gefunden werden. Den findet Hausler Junior in dem jungen Burschen Saberl. Zünftig vom Angesicht und wohlgeformt hat der intellektuell sicherlich nicht ganz hoch begabte junge Mann das Augenmerk des jungen freien Mannes auf sich gezogen und wird schnell rekrutiert. Und kurzum geht es mit Kutsch und Pferd in die Welt.

Stadt Land Geld

Und so ziehen Hausler und sein Bursch durch Stadt und Land. Von Gasthaus zu Gasthof erkunden sie das Land und seine Menschen. So lernen sie auch den ….bauern kennen, dessen Kinder in der großen Stadt studieren und kommen ins …. Hier findet der junge Hausler sein Leben. Er kauft von zwei alten Jungfern ein hochherrschaftliches Schloss. Schon ziemlich in die Jahre gekommen und an einigen Ecken  auch ganz schön heruntergewirtschaftet, nimmt er sich zum Ziel dieses Anwesen wirtschaftlich und landwirtschaftlich zum Erfolg zu führen. Natürlich bedarf es auch hier wieder Investitionen, die der schnell eingestellte Verwalter auch gern für den jungen Herrn vornimmt.

Auch hier kommt es, wie gedacht. Nicht schnell, aber doch irgendwann ist das Säckel leer und alles wendet sich von dem Pleitemann ab. Alles? Nein. Der junge Saberl hegt für den Herrn recht tiefe  Gefühle und nimmt sich seiner an. Leider anders, als sich der junge Herr das vielleicht gedacht hat. Und so kommt es tief in den Bergen auf einem unwirtlich gelegenen Bauernhof zum kargen Ende der Geschichte.

Abtauchen vorprogrammiert, wenn…

Dieses Buch ist kein Mainstream und kann beileibe nicht von jedem zur Hand genommen werden. Wer jedoch bereit ist, sich auf ein altertümliches Buch einzulassen, dass nicht nur alte Um- und Zustände beschreibt sondern das auch noch in alter Sprache thut, der ist hier genau richtig. Rosegger hat seinen Roman sicherlich als zeitkritisch und weltkritisch gesehen. Industrieller Aufstieg und Entwicklung schienen kaum mehr zu halten, das Geld wurde in ganz bestimmten Kreisen immer mehr und mehr. Und so beschreibt er nicht den Aufstieg sondern den Fall eines Mannes, der nicht nur sich selbst sondern auch sein ganzes Umfeld falsch einschätzt. Aber der Mann der sich vom Vater die Braut nehmen ließ und dann einen knackigen Landjunker zum Mittelpunkt seines Lebens macht, der hat sich in einem wenigstens nicht verschätzt: Der Treue und der Ergebenheit des jungen Bauern. Ob er aber dessen Herz so entflammt hat, wie der das seine, das muss man schon selber lesen.

Hier ist aber noch etwas gefordert, das Lesen zwischen den Zeilen. In der Entstehungszeit von Weltgift, war für eine offen ausgeschriebene Liebe zwischen zwei Männern kein Platz und Raum. Daher hat der Autor das ein oder andere zwischen die Zeilen geschrieben und der Interpretation des Lesers überlassen. Sicherlich in dem Wissen, dass auch ganz Anderes darin gesehen werden kann. Und mitten im Interpretieren wird man schnell feststellen, dass der Roman, so alt er auch sein mag, auch heute noch extrem aktuell den Zahn der Zeit trifft.

Aber wie heißt es so schön? Die Gedanken sind frei! Klare Leseempfehlung

 

Peter Rosegger - Weltgift
360 Seiten, Septime Verlag

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