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Foto: anyway Köln/Fabian Schäfer

Safer Sex dank Pille?

PrEP ist nicht weniger als Safer Sex 3.0, erklärt Moderator Benjamin Scholz gleich zu Beginn des anyway-Talks „Safer Sex dank Pille?“.

PrEP steht für Präexpositionsprophylaxe, also Vor-Risiko-Vorsorge

HIV-Negative nehmen Medikamente, die eine Ansteckung mit dem Virus verhindern. Anfang September hat der Kölner Apotheker Erik Tenberken durch eine Kooperation mit Generikaherstellern ermöglicht, dass eine Monatspackung PrEP für etwa 50 Euro zu haben ist. Das Originalmedikament hat zuvor rund 800 Euro gekostet. Spätestens seitdem ist PrEP, insbesondere in der schwulen Community, ein großes Thema. Als Vorsorgemedikament zugelassen wurde es in der Europäischen Union bereits im August 2016.

Dennoch herrsche immer noch viel Unwissen rund um die PrEP. Der anyway-Talk klärt deshalb auf. Auf YouTube kann er noch einmal komplett angesehen werden, für alle, die nicht dabei sein konnten:

Er wollte, dass ich eine Pille statt eines Kondoms nehme

Eine zielgruppengerechte Aufklärung sei besonders wichtig, sind sich die drei Talk-Gäste einig: Neben Marcel Dams, HIV- und LGBTIQ*-Aktivist, ist auch Christoph Klaes von der

Aidshilfe Köln und Moustafa Tarraf von der Webserie KUNTERGRAU zu Gast im anyway. Moustafa Tarraf spielt in der Serie einen HIV-Positiven und hat seitdem viele negative und böse Nachrichten erhalten Doch auch mit der PrEP ist er schon in Berührung gekommen: Ein Sexpartner habe ihm gesagt, statt eines Kondoms könnte er doch einfach eine Pille PrEP nehmen. „Man kann die Tablette nicht einfach so kurz vor dem Sex nehmen und alles ist gut.“

Das Kondom soll nicht abgeschafft werden

Marcel Dams erklärt, dass es sowohl die Langzeit-PrEP als auch die anlassbezogene PrEP gebe, die jedoch in Deutschland offiziell nicht zugelassen ist. „Mindestens zwei Stunden, eher zwei Tage vorher, sollten die Tabletten genommen werden.“ Unbedingt notwendig sei jedoch, zuvor mit einem Arzt gesprochen zu haben, betont Christoph Klaes von der Kölner Aidshilfe. „Die PrEP ist nicht wie ein Kondom, das man nimmt und einfach loslegt.“ Vor Einnahme der PrEP müssten Blutwerte überprüft werden. Und auch während der Einnahme sollten sich PrEP-Anwender alle drei Monate vom Arzt durchchecken lassen, insbesondere auf andere sexuell übertragbare Infektionen. Denn davor schützt die PrEP nicht.

Der Befürchtung, mit der PrEP würde das Kondom abgeschafft werden, erteilten die Experten eine Absage: „Es ist eine ergänzende Schutzstrategie“, sagt Marcel Dams. Man müsse die Möglichkeiten – Kondome, PrEP, Schutz durch Therapie – gleichwertig präsentieren, betont Klaes. Gründe, (auch) die PrEP zu verwenden, gebe es viele: Manche Männer können mit Kondom schlechter Sex haben, manche fühlen sich so noch sicherer, andere verwenden häufig Kondome, vergessen sie aber ab und an. „Das ist menschlich. Da ist es eine legitime Möglichkeit, sich mit PrEP zu schützen.“ Deshalb solle die PrEP eine Schutzmöglichkeit für alle werden. Auch 50 Euro monatlich seien da noch zu viel, findet Klaes.

„Die Chance, in die Zeit vor der Aids-Krise zu gelangen“

In anderen Ländern ist die PrEP schon länger und teilwiese auch kostenfrei erhältlich, etwa in den USA, Frankreich oder Großbritannien. Die PrEP wurde populärer, doch auch Vorurteile haben zugenommen, erklärt Marcel Dams. „Manche setzen PrEP-Anwender gleich mit Leuten, die Schlampen sind, und dafür abgewertet werden.“ Er fühle sich sogar an die Aids-Epidemie erinnert, wo schwule Männer für ihren „dreckigen Sex“ verurteilt wurden. Eine Stigmatisierung von PrEP-Nutzern fürchtet auch Moustafa Tarraf. „Wir müssen weg davon kommen. Die PrEP sollte nicht negativ behaftet sein.“ Sinkende Infektionszahlen sprechen für den Erfolg der PrEP. Bislang haben sich laut Marcel Dams nur drei PrEP-Anwender mit HIV infiziert. Noch sei jedoch nicht in allen Fällen klar, ob dies aufgrund falscher Anwendung oder Resistenzen passierte. Überhaupt findet er negative Vorurteile gegenüber PrEP-Nutzer nicht nur falsch, sondern auch unlogisch, da sie Verantwortung für sich selbst übernehmen und sich schützen. Marcel Dams Resümee ist eindeutig: „PrEP ist die große Chance, endlich in die Zeit vor der Aids-Krise zu gelangen, wo Menschen freien, selbstbestimmten, schönen Sex hatten.“ Das wirke sich zudem auch auf die seelische Gesundheit aus, wie einige Studien bewiesen hätten.
 

 
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