NRW
   12 Jahre
Foto: Tablediver / Photocase.de

Klima der Pseudotoleranz

Die lieben Eltern

Die Probleme junger Schwuler und Lesben mit Migrationshintergrund empfindet Jana als besonders schwierig. Der Vater und die Mutter kämen oft aus konservativen oder religiösen Kulturkreisen, in denen Vorbehalte gegenüber Schwulen und Lesben stark verbreitet seien. So hat es auch die 19-jährige Viktoria erlebt, deren Eltern aus Polen stammen. Seit einem Jahr besucht sie regelmäßig das PULS und genauso lange hat sie auch einen Flyer des Jugendzentrums in ihrem Zimmer hängen. Als ihre Mutter dann aber herausgefunden habe, dass es sich dabei nicht um eine "normale" Betreuung handelt, sei es zu Problemen gekommen. "Auch heute habe ich immer wieder Streit mit meinen Eltern, die sich eigentlich einen Schwiegersohn wünschen. Innerhalb der polnischen Verwandtschaft soll ich nicht darüber sprechen, dass ich lesbisch bin", erzählt die Abiturientin. Ein wichtiger Teil der Arbeit im Jugendzentrum besteht daher auch in der Elternbetreuung. Mütter und Väter werden eingeladen, sich ein eigenes Bild der Räumlichkeiten zu machen und Vorurteile abzubauen.

Aber nicht nur in Jugendzentren wie dem PULS wird um Akzeptanz geworben. Ausgehend von den Teenager-Selbstmorden in den USA hat sich im Ruhrgebiet vor einiger Zeit ein deutsches Pendant zur "It gets better"-Kampagne gebildet. "Eswirdbesser.org" betreibt auf YouTube einen Kanal mit derzeit rund 30 Videos von jungen Schwulen und Lesben, die über ihre Coming-out Erfahrungen sprechen. Suizid sei zum Glück zwar kein Thema, so die Köpfe hinter dem Projekt, Cybermobbing und Diskriminierung jedoch auch in Deutschland stark verbreitet. Im Gegensatz zum US-Gegenstück finden sich in Deutschland keine Promi-Videos, bedauert Mitbegründer Marco Splettstößer: "Von Guido Westerwelle bis Hape Kerkeling haben wir sehr viele Prominente angeschrieben. Leider haben alle die Zusammenarbeit 'aus terminlichen Gründen' abgelehnt." Bedarf für prominente Hilfe sehe er reichlich: "Alleine die zum Teil hasserfüllten Kommentare bei YouTube zeigen, dass wir von wirklicher Toleranz gegenüber Schwulen, Lesben und Transgendern weit entfernt sind."

Die Videos des Projekts wurden bis heute über 100.000 Mal angeschaut. Marco deutet das damit, dass es sich beim Coming-out weiterhin um einen schwierigen Prozess handle, der oftmals von Gefühlen der Isolation und Einsamkeit begleitet werde. Grund genug also für die Jungs, mit ihrem Projekt weiter Gas zu geben: "Das Engagement lohnt sich bereits dann, wenn wir einen Jugendlichen erreichen, der vielleicht verzweifelt ist und sich alleingelassen fühlt."

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