Reise
   12 Jahre
Foto: Alexander Büsselberg

Abtauchen in Havanna

Verbreitung per Mundpropaganda

Ganz anders sieht die Sache auf den Fiestas aus, den schwulen Partys. Irgendwo vor den Toren der Stadt, auf einem verlassenen Bauernhof, feiern einige hundert junge Kubaner ihre schwule Identität. Per Mundpropaganda spricht sich in Windeseile herum, wo gerade etwas los ist. Merengue meets Madonna, Salsa meets Shakira, dazu Havanna-Club und House-Music. Küssende schwule Paare en Masse, eng umschlungen oder verliebt miteinander tanzend. Diese Partys sind illegal, dennoch gibt es Dosenbier und flaschenweise Rum, beides aus einem mit Eiswasser gefüllten Trog. Touristen zahlen 2 Pesos (rund 1,60 Euro) Eintritt, Einheimische die Hälfte. Dafür bieten die Veranstalter eine mehr oder weniger charmante Drag-Show mit anschließender Disko. Ein großartiger Ort, fröhlich, natürlich, ehrlich.

Natürlich weiß die Polizei von den Fiestas, lässt die schwule Szene aber dennoch gewähren. Dabei ist Schwulsein auf Kuba nicht verboten, im Gegenteil: Mariella Castro heißt die prominenteste Unterstützerin homosexueller Gleichstellung. Sogar die Schwulenehe steht auf der Forderungsliste der beliebten Präsidententochter. Unerwünscht sind lediglich Kontakte zwischen Einheimischen und Gästen – zumindest dann, wenn diese auf finanziellem Fundament beruhen. Trotzdem macht die Polizei schwulen Kubanern gerne das Leben schwer, indem sie immer wieder Passkontrollen durchführt – am Malecón und auch am schwulen Strand Micajito, rund 20 Kilometer östlich von Havanna.

Wieder so ein Paradies, diesmal sogar eines mit (wenigen) Palmen und warmem Wasser. Insbesondere am Wochenende ist der Strand das Eldorado allen Gay-Lebens: lebendig, heiß, sexy. Wer die zahlreichen Schönheiten in Badeshorts sieht, bekommt eine Vorstellung davon, weshalb Kuba lange Zeit ein beliebtes Ziel von Modefotografen war.
Ist hier das schwule Traumziel, der Ort, an dem alle Wünsche und Sehnsüchte wahr werden? Vielleicht, aber erinnern wir uns: Einen Kubaner kennenzulernen ist um ein Vielfaches einfacher, als ihn wieder loszuwerden. Das ist Versprechen und Drohung zugleich.

 
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