NRW
   10 Jahre
Foto: Frank Hebenstreit

Filmfestival Homochrom gestartet

Der Run auf den „Chromie“, den Publikumspreis des schwul-lesbischen Filmfestivals Homochrom hat begonnen. Gestern Abend eröffnete Organisator Martin Wolkner in Cut und Bauchbinde die vierte Ausgabe vor der Leinwand im Saal des Weisshaus-Kinos in Köln. Nach der Begrüßung der Offiziellen und den Danksagungen wandte er sich direkt an das erwartungsvolle Publikum. Dieses ist die Jury und bewertet jeden Film mit einem ausgeklügelten System von Kinokarten als Stimmzettel, die mit einem eigens dafür geschriebenen Auswertungssystem gezählt werden. Am Ende des Festivals steht dann der Gewinner fest, ganz ohne Stift und Wahlkabine. Und die Bandbreite der Jury dieses Abends suchte wirklich ihresgleichen. Ob Lederkerl oder Kampflesbe, Chubby, Bear oder Muskeltyp, Lippenstiftliebhaberin oder Anzugträger, sie alle waren gekommen, um großes schwul-lesbisches Kino zu sehen, und sie wurden nicht enttäuscht.

Vorfilm wirft einen tänzerischen Blick auf die Seele eines Bisexuellen

„Nach einem langen Abend in der Stadt fährt ein Mann zurück in die Vorstadtsiedlung und erinnert sich eindringlich: an seine immer unerträglicher werdende Ehe und den Auftritt einer verführerischen Drag Queen. Versunken in Fantasien der Hingabe und Lust kommt er zu Hause an und erwacht durch Tanz und die anrührende Musik von Dolly Parton bei Anbruch eines neuen Tags…“, so steht es auf der Homepage des Festivals. Der durchaus sehenswerte Kurztanzfilm begeisterte durch intensives Schauspiel, konnte allerdings choreografisch und tänzerisch nicht ganz überzeugen. Ein wirklich ganz anderes Kaliber war da schon der Hauptfilm.

„The Normal Heart“ überrascht, bewegt und berührt

Endlich mal wieder ein 80er-Jahre-Aids-Film, diesmal allerdings mit prominenter Besetzung und einem zündenden Soundtrack. Mit erschreckenden und teilweise verstörend klaren Bildern zeichnet Regisseur Ryan Murphy ein Bild der ersten Tage, Wochen, Monate, als Aids Anfang der 80er Jahre seinen „Beutezug“ durch die gerade erst selbstbewusst auftretende Schwulenszene Amerikas antrat. Oscar-Nominee Mark Ruffalo setzt sich als radikaler Schriftsteller Ned Weeks nach einem einschneidenden Erlebnis ganz und gar dafür ein, dass die Seuche bereits frühzeitig erkannt und gebannt wird. Damit unterstützt er Dr. Emma Brookner, die von Oscar-Preisträgerin Julia Roberts in einer grandiosen Charakterdarstellung in Rollstuhl und Krücken zum Leben erweckt wird.

Während Ned noch gegen die Bedenken von außen und die Anfeindungen innerhalb der Schwulengemeinde kämpft und erste Grade der Organisation erreicht, trifft er auf Felix Turner, dargestellt von Matt Bomer. Der offen schwule Schauspieler spielt sich hier wirklich die Seele aus dem Leib. Körperlich erst ein Traum, dann ausgemergelt und gezeichnet, lebt Bomer die volle Bandbreite von Sahneschnitte bis Todeskandidat.

Weitere bekannte Gesichter wie Taylor Kitsch, Alfred Molina, Jim Parson, Denis O’Hare, Jonathan Groff und Stephen Spinella lassen die Leinwand immer wieder unter Lachsalven erbeben, und kurz darauf reichen Unbekannte einander im Kinoparkett Taschentücher und allerorts hört man bewegtes Schniefen. Erfolgreicher kann eine Eröffnung gar nicht sein.

Das Homochrom-Filmfestival läuft noch bis Sonntag, den 19.10.2014 im Filmforum NRW, in Köln und vom 22-26.10.2014 in der Schauburg in Dortmund.

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