Köln
   14 Jahre
Foto: Dirk Vollberg

Stolz in der Sonne

Erfolgreicher CSD bei überwiegend strahlendem Wetter: Der Kölner Lesben- und Schwulentag freute sich über 900.000 Besucher(innen) in der Altstadt – die höchste Quote seit dem Europride 2002.

Strahlende Parade

"Offen gezeigt – offen bewundert" – doch schon mal eine schöne Schlagzeile des "Kölner Stadt-Anzeigers" für einen Nachbericht zur CSD-Parade. Ansonsten wimmelte es von den üblichen Klischees: "Schrille Kostüme, bunte Wagen" hatte der "Express" ausgemacht (und reich illustriert), die "Riesenparty zum CSD" halt, bild.de freute sich über "30.000 schrill-schräge und sexy-durchtrainierte Parade-Teilnehmer auf, vor und hinter insgesamt 99 Wagen" und das unter einem "Rosa-Sonnen-Schein" – da werden sich die meisten, die dabei waren, eher verwundert die Augen gerieben haben.

Den am 31. Juli mit nahezu 10.000 Sportlern startenden Gay Games hatte der ColognePride sein diesjähriges Motto "Stolz bewegt" gewidmet. Die größte Gruppe stellten so der SC Janus und die Gay Games, die Pink Poms puschelten vorneweg, dann folgten Fußläufer im zünftigen Rut-Wiess, die Schilder der teilnehmenden Nationen hoch- und dabei nicht selten als Fotomotiv für zufällig anwesende Touristen herhielten. Auch die etwa 200 "Mitläufer" aus den in der Aids-Hilfe NRW zusammengeschlossenen Präventionsprojekten stimmten in Fußballdress auf die schwul-lesbischen Sportspiele ein, mit witzigen Aufklärungsaktionen wollen sie während der gesamten Tage (und Nächte) in Köln präsent sein.

Für internationales Flair sorgte schon jetzt eine gemeinsame Fußgruppe von Haupt- und Ehrenamtlern aus Köln und der Partnerstadt Tel Aviv. Die schwulen und lesbischen Aktivisten aus Israel waren auf Einladung der Kölner Grünen zum Erfahrungsaustausch mit ihren Kollegen aus Köln.

Schauer schlägt Technik

Am Samstag sah es zeitweise ganz und gar nicht nach einem freundlichen Fest aus. Zwar waren für den Nachmittag Wärmegewitter angesagt gewesen, doch mit den Folgen des kurz vor 15.00 Uhr einbrechenden Unwetters hatte keiner gerechnet. Dem Stromausfall fiel unter anderen der KVB-Verkehr rund um Heumarkt, Neumarkt und Hauptbahnhof zum Opfer, legte aber auch die drei Bühnen lahm, an der Hauptbühne am Heumarkt kam es gar zu einem Wassereinbruch.

Das Programm der Politurbühne am Alter Markt fiel für den restlichen Samstag komplett flach, nach zwei Stunden konnten sich die ersten Partypeople wieder auf die Tanzbühne am Gürzenich wagen, auch die Hauptbühne nahm wieder ihren Betrieb auf – gerade noch rechtzeitig vor den erneut sehr stimmungsvollen "Kerzenlichter gegen das Vergessen" zur Erinnerung an die Menschen, die an den Folgen von Aids gestorben sind.

Reibungslos lief das Programm dagegen am Sonntag, zu den Highlights zählten das Kurzkonzert von Klee und das mittlerweile dreimal so lange "Schlagerstündchen" von WDR4 mit dem umjubelten Auftritt einer sichtlich gerührten Vicky Leandros (auf eigenem Wunsch zum zweiten Mal dabei).
Und nicht nur sie zeigte sich bewegt: Neu-Moderatorin Margarete Schreinemakers machte unter Einwirkung ihres ersten CSDs Anstalten, gleich das gesamte Publikum zu umarmen. Auch sie will gerne wiederkommen – ob die Programmorganisation das auch will, ließ sich bei Redaktionsschluss nicht in Erfahrung bringen.

Gelb vs. Grün

Die Politik durfte bei diesem CSD nicht fehlen. SPD-Mann Jürgen Roters eröffnete als erster Oberbürgermeister überhaupt das Straßenfest, er gab am Sonntag zudem den Startschuss für die Parade. Wenn er es mal zeitlich nicht schaffte, vertrat ihn seine wieder in eine extravagante Robe gehüllte erste Stellvertreterin Elfi Scho-Antwerpes würdig.

Spitzen von SPD und CDU aus Land und Bund hielten sich – mangels einer anstehenden Wahl – diesmal allerdings eher zurück. So kam es zu einer Neuauflage des eher ungleichen Kampfes Grüne gegen FDP.

Die umjubelte grüne Parteichefin Claudia Roth – längst schon Stammgast auf den CSDs von Köln und dieser Republik – freute sich auf der Abschlusskundgebung am Sonntag als zugereiste Augsburgerin über das Verschwinden des homofeindlichen Bischofs Walter Mixa aus ihrem Wahlkreis.

Freundliche Aufnahme fand auch Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Die FDP-Politikerin wurde beim traditionellen CSD-Empfang am Samstag im Gürzenich mit der Promi-Kompassnadel des Schwulen Netzwerks NRW ausgezeichnet. Bei ihrer Dankesrede hob sie hervor, was die Liberalen seit Bildung der schwarz-gelben Koalition im Bund unter ihrer Federführung schon durchgesetzt hatten, so sei die Gleichstellung von schwulen und lesbischen Lebenspartnern bei BAföG, Grund- und Erbschaftssteuer bereits beschlossene Sache, die Gleichstellung von Beamten in Arbeit. Nur in Sachen Adoptionsrecht gelte es "bei diesem Partner" noch dicke Bretter zu bohren, verklausuliert gab sie zu verstehen, dass in dieser Legislaturperiode wenig Hoffnung auf eine Veränderung besteht.

Wie schlecht es wirklich um den Ruf der Liberalen in großen Teilen der Community bestellt ist, musste dagegen der Bundestagsabgeordnete Michael Kauch anderntags auf dem Heumarkt erfahren. Auch er hob die Verdienste seiner Partei im Bund hervor, erntete dabei allerdings Buhrufe – im Gegensatz zu seinem grünen Kollegen Volker Beck, der der abgewählten schwarz-gelben Koalition im Land ihre Versäumnisse in der Gleichstellung vorhielt und ankündigte, die demnächst antretende rot-grüne Minderheitsregierung werde das schleunigst ändern.

Standing Ovations für einen König

Immerhin an die 900 Menschen im Gürzenich durften einen eher stillen Höhepunkt des CSD-Wochenendes erleben: Die zweite Kompassnadel ging an den Comiczeichner Ralf König für sein "ehrenamtliches Engagement als politisch motivierter Künstler, der sich besonders für die Akzeptanz von Lesben und Schwulen einsetzt", so die Begründung des Schwulen Netzwerks NRW. Dafür durfte der bald 50-jährige Wahlkölner auch die erste Standing Ovation seines Lebens in Empfang nehmen – etwas ganz großes für einen Mann, dessen Arbeit sich eher im Stillen abspielt.

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