Köln
   13 Jahre
Foto: privat

Interview: Tanja Walther-Ahrens

Schwule im deutschen Profifußball, vielleicht gar in der Nationalmannschaft? Trotz aller Bemühungen von DFB-Präsident Theo Zwanziger, den Boden für Akzeptanz zu bereiten, bleibt Homosexualität ein Tabuthema. Das hat nicht zuletzt Teammanager Oliver Bierhoff mit seiner Reaktion auf einen fiktiven schwulen Kicker im "Tatort" wieder unter Beweis gestellt.

Tanja Walther-Ahrens, geoutete Ex-Profispielerin von Turbine Potsdam und heutige Lehrerin und Sportwissenschaftlerin, engagiert sich seit Jahren für mehr Sichtbarkeit von Lesben und Schwulen im Ballsport, zuletzt mit ihrem im Februar erschienenen Buch "Seitenwechsel. Coming-Out im Fußball". Dafür erhält sie am 29. Mai den Augspurg-Heymann-Preis der Landesarbeitsgemeinschaft Lesben in NRW. Anne Richter interviewte die völlig überraschte 40-Jährige.

Herzlichen Glückwunsch zum Preis! Was bedeutet dir diese Auszeichnung?

Zunächst war ich völlig überrascht, dass ich diesen Preis erhalten soll. Ich hätte nicht gedacht, dass das, was ich tue, als so wichtig wahrgenommen wird. Die Auszeichnung freut mich natürlich sehr, denn sie zeigt mir, dass mein Engagement nicht umsonst ist. Und dass es sich lohnt, dran zu bleiben, auch wenn es manchmal anstrengend ist.

Der Preis wird an Frauen vergeben, die sich "sichtbar und mit Stolz zu ihrem Lesbischsein bekennen". Wann hast du öffentlich gemacht, dass du lesbisch bist?

Das Coming-out in meiner Familie hatte ich so mit 17. Davor wusste ich nur, dass ich nicht so auf Jungs stehe, hatte aber kein Wort dafür. Die Reaktionen waren sehr unterschiedlich, von "Na und nu?" bis hin zu sehr viel Unsicherheit und nicht wissen, wie man darüber reden sollte. Danach hatte ich überwiegend positive Reaktionen sowohl im Freundeskreis als auch am Arbeitsplatz. Ich glaube, mich an eine blöde Reaktion in der Uni zu erinnern, da redete eine Mitstudentin nicht mehr mit mir, nachdem sie erfahren hatte, dass ich lesbisch bin.

Würdest du Fußballerinnen, die gerade mitten in ihrer Karriere stecken, womöglich in der Nationalmannschaft spielen, dazu raten, sich zu outen?

Das ist nicht so einfach zu beantworten. Natürlich würde ich immer allen raten, sich zu outen, egal ob Leistungssportlerin oder nicht. Aber jedes Outing ist eine sehr persönliche Sache und es sind viele Schritte notwendig: Erstmal muss ich mir selbst meine Homosexualität eingestehen. Dann überlege ich: Wem erzähle ich es jetzt, Freunden, Familie, Team? Das muss schon alles passen, deswegen ist eine pauschale Antwort darauf nicht wirklich möglich.

Und wie sieht es bei den Männern aus? Haben es Schwule im Fußball schwerer als Lesben?

Ich glaube, dass Schwule generell den größeren Tabubruch begehen, egal ob Fußballer oder nicht. Zwei sich umarmende Frauen sind ok, zwei sich umarmende Männer sind grenzwertig. Wenn sie sich dann noch küssen, wird es eklig. Lesben sind Frauen, sie werden also auch nicht so ernst genommen. Daher kommt es oft zu einer unterschiedlichen Bewertung.

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