Kultur
   11 Jahre
Foto: Bruno Gmünder Verlag

Craig Seymour: Nackte Tatsachen

Im Bruno Gmünder Verlag ist ein Buch erschienen, das vom Titel her durchaus auf das zentrale Interesse der Jagd nach lustvollen Vergnügungen zielt. Das äußere Erscheinungsbild des Buches „Nackte Tatsachen“ von Craig Seymour verstärkt durch Foto und den Untertitel „Meine wilden Jahre als Stripper“ auch den Eindruck, dass es hier recht gut abgehen könnte. Es sei an dieser Stelle gleich verraten, dass das Buch diese Erwartungshaltung beileibe nicht befriedigt, aber dass es deshalb noch lange kein enttäuschendes Buch ist.

Craig Seymour gibt uns einen Einblick in sein Leben, sein Herz und in seine Hose. Anfang der 1990er Jahre braucht er als Student ein Thema für seine Dissertation und einen lukrativen Nebenjob, denn auch als Student muss man ja bekanntlich nicht nur essen um zu leben. Was liegt da näher, als beides miteinander zu verbinden. In Washington DC, seinem bevorzugten Ausgehrevier befinden sich zu diesem Zeitpunkt die wildesten Stripclubs der Welt. Hier dürfen die zahlenden Gäste nicht nur ihre Augen, sondern gegen Cash gern auch Hände oder Gesicht in jede gewünschte Spalte des Strippers gleiten lassen.

Über diese Welt, den in ihr entstandenen Kosmos und die darin geltenden Regeln möchte Seymour seine Dissertation schreiben. Seine Doktormutter geht überraschenderweise darauf ein und plötzlich ist ein Besuch in einem Stripclub nicht mehr nur Vergnügen, sondern dient auch noch wissenschaftlichen Zwecken. Ziemlich schnell kommt er jedoch zu dem Schluss, dass nur da sitzen und gucken nicht wirklich ausreicht, um alles an dieser Welt zu erfassen und zu begreifen. Da sich mit dem Strippen auch noch eine ganze Stange Geld verdienen lässt, ist der Entschluss dann schnell gefasst, es selbst zu versuchen.

Beginnend mit dem Moment des ersten Schrittes in das Scheinwerferlicht, nimmt uns Seymour mit auf seine Reise durch das Universum der Stripclubs, bis dort endgültig die Lichter ausgehen, nachdem er dieser Welt schon lange den Rücken gekehrt hat. Er schildert seine Erlebnisse von der ersten fremden Hand gegen Cash am Schwanz über die tiefschürfenden Gespräche mit den Kollegen und was er alles über Sex, Liebe und Verlangen lernt. Aber er schildert auch die Diskussion mit seinem Lebensgefährten und die Trennung, als er die Beziehung öffnen will, bis zum Verlassen der Stadt und dem Beweisen in einem „echten“ Beruf.

Seymour resümiert, dass er auf diesem Weg gelernt hat, locker und ohne falsche Scham über Sex, Berührungen, Verlangen, Erfüllung, Höhepunkte und Zusammenbrüche zu reden. Das ist anhand der in diesem Buch niedergeschriebenen Situationen und Dialoge sehr nachvollziehbar. Er hat in seiner ganzen Erzählweise zwar eine lockere Grundhaltung und möchte den Leser von Beginn an mitnehmen, das funktioniert aber nur bedingt. Er kratzt häufig an der Oberfläche, denn er schildert Tiefgründigkeit, bietet sie aber nicht durchweg.

Monogam lebende Menschen werden ihn sicher in dem Moment schlagen wollen, als er seinem langjährigen Partner sagt, dass er jetzt gern auch mit anderen Männern Sex haben möchte. Diejenigen, die selbst eine offene Beziehung leben, werden dann wohl eher ein befreiendes „Na endlich!“ denken.

„Nackte Tatsachen“ gibt neben einem Blick in das Leben des Autors auch einen Einblick in eine besondere Zeit und Sparte der Community im Washington der 1990er Jahre. Für den Preis von 16,95 € wird man in diesem Taschenbuch mit 240 Seiten allerdings nicht gerade günstig unterhalten.

Craig Seymour: Nackte Tatsachen – Meine wilden Jahre als Stripper, Bruno Gmünder Verlag, 240 Seiten, Softcover, € 16,95

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