Kultur
   11 Jahre
Foto: Gargoyle als Wasserspeier in Ulm, Foto: Wikimedia Commons/ Ramessos

Eine zärtliche Liebesgeschichte

Die Kurzbeschreibung „Eine romantische Geschichte über einen Halbmagier, einen Gargoyle und das Rätsel des Steinfluchs“ trifft es schon recht gut, wird aber der Geschichte noch lange nicht gerecht.

Im Jahr 1862 begleitet der 15-jährige David seine Eltern zur Weltausstellung in London. Der Vater möchte dort einigen Gelehrten seine Erfindung, den ersten ammoniakfreien Kühlschrank vorstellen. Auf dem Rückweg von dort werden sein Vater und seine Mutter Opfer eines heimtückischen Anschlages. David überlebt nur knapp, weil ihm jemand das Leben rettet. Er weiß aber nicht wer.

In den kommenden Jahren kommt sich David immer wieder beobachtet vor. Er lebt inzwischen mit seiner Großmutter in dem großen Haus in London und hat sich im Laufe der Zeit als junger Schriftsteller einen Namen gemacht. Eines Abends im Jahr 1867 fühlt er sich wieder so beobachtet. Er schafft es fast, einen Unbekannten zu stellen, den er für den Beobachter hält. Er folgt diesem Unbekannten bis in eine alte Kirche, wo sich dessen Spur allerdings fast verliert.

Nun ist jedoch sein Jagdinstinkt geweckt und David schafft es, den Unbekannten zu stellen, ein Gargoyle. Fasziniert von diesem wunderschönen Fabelwesen mit Namen Zahar fängt David an, ihn auszufragen. Es beginnt eine zarte Liebesgeschichte, in der sowohl Mensch als auch Fabelwesen sich trauen, zurückziehen, annähern, zweifeln und versuchen zu erobern.

Eine Spur, den Tod von Davids Eltern betreffend, führt die beiden mit Zug und Schiff nach Paris zur Weltausstellung. Eine machbare Reise, wäre da nicht noch eine unangenehme Begleiterscheinung: der Steinfluch. Tagsüber wird der Gargoyle zu einer Steinfigur. Nur in diesem Steinschlaf kann er sich regenerieren.

In Paris angekommen, beginnt nun auch die Magie eine immer größere Rolle zu spielen. David lernt dort noch Jules Verne kennen und lüftet mit ihm zusammen auch das ein oder andere Geheimnis, um schlussendlich dem Mörder seiner Eltern gegenüber zu treten. Wird er Rache fordern? Kann es sein, dass der verstorbene Vater mehr mit all dem zu tun hat, als es den ersten Anschein hat? Wird die Liebe zwischen Fabelwesen und Halbmagier Bestand haben? Die Antworten darauf gibt Inka Loreen Minden in ihrem Buch.

Mit einfachen, aber deutlichen Worten erzählt die Autorin ihre Geschichte. Sie gibt Gargoyle und Mensch ein klar vorstellbares Gesicht, wahrnehmbare Hände, Füße, Körper, ja sogar Flügel … und ja, hüstel … auch das unter dem Lendenschurz.

Jedes Mal, wenn man dieses Buch wieder zur Hand nimmt, um weiter zu lesen, ist man nach ein, zwei Zeilen sofort wieder in London oder Paris irgendwo im 19. Jahrhundert. Atmosphärisch dicht und doch frei genug für die eigene Fantasie beschreibt sie ihre Szenen und verleitet den abendlichen Leser, durchaus auch mal die ein oder andere Seite mehr zu lesen und das Licht wesentlich später auszumachen als geplant. Das macht Spaß und bietet gute Unterhaltung.

Der Preis von 11,99 € ist für das Buch aus dem Dead Soft Verlag weder übertrieben noch abgehoben. In der dort üblichen Hochglanzaufmachung mit griffig gestalteten 196 Seiten, die sich zügig weglesen lassen, bekommt man genau das, was man nach der Gesamtgestaltung erwarten darf.

„Beim ersten Sonnenstrahl“ ist ein Buch, das klar zu dem steht, was es möchte. Unterhalten, ablenken, vielleicht auch ein klein wenig verführen. Und auch das tut es. Mit feinem Gespür für die männliche Erotik bekommt die Geschichte immer dann, wenn Zahar und David sich und ihre Lust gegenseitig erforschen, noch ein Sahnehäubchen. Dabei ist die Story nicht gerade tiefschürfend und versucht auch von Anfang an nicht, diesen Eindruck zu erwecken. Man merkt aber in vielen Kleinigkeiten, dass die Autorin ihre Hausaufgaben bezüglich der Recherche für ein historisch angelegtes Buch gemacht hat.

Diese Liebe zum Detail zahlt sich für den Leser aus und macht dieses Buch jeden Cent wert. Am Schluss des Buches bleibt dann auch eigentlich nur eine Frage offen: Wann bitte gibt es mehr von David und Zahar?

 

 
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