Kultur
   13 Jahre
Foto: RTP

Eurovision Song Contest im Überblick

Im Zeichen der Finanzkrise steht der diesjährige, nach Lenas Überraschungssieg auf heimischem Boden stattfindende Eurovision Song Contest. So vergab der NDR aus pekuniären Gründen den Wettbewerb nicht, wie sich das für ein internationales Ereignis dieser Größe gehört, in die Hauptstadt. Sondern in eine Provinzmetropole, die vor allem für botoxierte MCM-Täschchen-Trägerinnen und muffiges Bier bekannt ist - weil man in das dortige, von der Stadt für ein Butterbrot zur Verfügung gestellte Fußballstadion viel mehr zahlende Live-Zuschauer quetschen kann.

Boom Haba Ding Dong Dam

Die musikalischen Beiträge der 43 Teilnehmernationen lassen größtenteils den verzweifelten Wunsch erkennen, bloß nicht zu gewinnen, um nicht selbst im nächsten Jahr die kostspielige Show ausrichten zu müssen.
So zum Beispiel das frisch unter den EU-Rettungsschirm geschlüpfte Portugal, das die schwingende Gauklertruppe Homens da Luta in bunten Kostümen schickt: Bäuerin, Soldat, Literat, Stahlarbeiter, Studentin und Revolutionsführer, als sozialistische Variante der Village People, mit einem Protestsong gegen die massenhafte Jugendarbeitslosigkeit. Inhaltlich sympathisch, musikalisch grausam.

Das nach 13 Jahren Abwesenheit wieder startende Heimatland des Festivals von San Remo, Vorbild für die Eurovision, ist fest für das Finale gesetzt. Doch Italien lässt sich vorsichtshalber vom mopsigen Nachwuchs-Barjazz-Sänger Raphael Gualazzi vertreten. Rom 2012? Ganz sicher nicht!

Kinderschokolade-Bübchen

Erfolgversprechender erscheinen da die auffällig zahlreichen Lautmalereien. Der Grand Prix ist ja berühmt für Siegertitel wie "Diggy-loo, diggy-ley", "La la la" oder "Ding a Dong", und von solchen lyrischen Höchstleistungen gibt es diesmal etliche. Das beginnt mit der gebürtigen Kenianerin Stella Mwangi, die zu fröhlichen afrikanischen Trommelklängen auf Suaheli "Haba haba" ("Stück um Stück") singt - selbstverständlich für Norwegen! Das finnische Kinderschokolade-Bübchen Paradise Oskar (doch, der nennt sich wirklich so) schlägt mit "Da da dam" nachdenkliche Töne an. In seiner zur Wanderklampfe vorgetragenen Ballade will ein Neunjähriger die gute alte Erde retten. Wie rührend!

Den Vogel schießt aber Dana International ab: Die israelische Vorkämpfertranse - neben Lena die zweite ehemalige Siegerin im Rennen - beschließt ihren fluffigen Dance-Titel "Ding Dong"(benannt nach dem Geräusch der Glocken, das sie in ihrem Kopf hört) mit der unsterblichen Textzeile "And I’m coming now". Wir auch.

Doch wieder Lena?

Als Top-Favorit gilt erstaunlicherweise ein junger, stimmgewaltiger Tenor aus Frankreich namens Amaury Vassily, der zu Ravels "Bolero" auf korsisch irgendwas Grausames knödelt. Liegt es an seinem prinzenhaften Aussehen?

Ebenfalls vorne sehen die Wettbüros die Estin Getter Jaani mit dem possierlichen Elektro-Pop-Stück "Rockefeller Street". Oder den putzigen Schweden Eric Saade (sprich: Sa-aa-de) mit einem Discoschlager aus dem Eurovisionslehrbuch. "Popular" lebt vor allem von den tänzerischen Fähigkeiten des Sängers und einer spektakulären Show mit zertrümmerten Glasscheiben. Auch die britische Boyband Blue wird hoch gehandelt. Die vier äußerst ansehnlichen Herren, die sich unlängst für das Londoner Gay-Magazin "Attitude" ausgezogen haben, machten allerdings auch damit Schlagzeilen, dass Antony Costa im Alkoholrausch beim Geldabheben am Automaten nebenbei noch ein anderes Geschäft an der Hauswand erledigte. Unsere Lena zählt zu ihren größten Fans und kann laut Eigenaussage alle ihre Lieder mitsingen.

Sie selbst liegt mit ihrer düster-frickeligen Elektro-Nummer "Taken by a Stranger" in den Wettbüros an fünfter Stelle. Wobei: So offen und ohne klaren Favoriten, wie sich das Teilnehmerfeld in diesem Jahr präsentiert, ist selbst ein erneuter deutscher Sieg nicht völlig ausgeschlossen. Hoffen wir, dass dann 2012 nicht Wanne-Eickel droht ...


Eurovision Song Contest 2011 Semifinale 1 am 10.05., 21.00 Uhr in Pro Sieben und Eins Festival, Semifinale 2 am 12.05., 21.00 Uhr im Ersten, Finale am 14.05., 21.00 Uhr im Ersten.
Alle 43 Teilnehmer und Videos auf eurovision.tv, eurovision.de und aufrechtgehn.de.

Das könnte dich auch interessieren
 
Schön, dass Du hier bist
Bitte melde Dich an, um diese Funktion nutzen zu können!

Passwort vergessen?

Noch kein Mitglied? Registrieren

Anmelden