Kultur
   12 Jahre
Foto: Nikolaus Brade / Universal Music 2011

Interview: Deichkind

Nichts weniger als "eine euphorische Totalverwirrung" verspricht die Hamburger Elektro-Hip-Hop-Kombo Deichkind den Fans mit ihrem neuen Album "Befehl von unten" und der dazu gehörigen Tour, die am 1. März beginnt. Torsten Bless sprach mit MC Porky.

Ihr habt den neuen Track "Illegale Fans" zum kostenlosen Download freigegeben. Darin singt ihr aus der Sicht von jungen Usern, die sich ihre Musik gratis aus dem Netz saugen. Ist das eine Hommage oder eine Parodie?

Das ist einfach ein Spiegel dessen, wie es nun mal ist. In unserer Generation war ein Plattenladen noch ein Tempel. Die Kids von heute kennen die Zeiten gar nicht mehr, in denen Musik nicht immer zugänglich war. Musik ist kein Wertstoff, kein Erdöl. Wir haben nichts dagegen, wenn sich die Leute unseren Scheiß herunterladen. Wir sind glücklich, wenn den Leuten unsere Arbeit gefällt. Wir sind auch so schon gestopfte Schweine. Jetzt irgendwelche Fans zu verklagen, ist wirklich albern. Ich hab selbst mal einen Strafbefehl über 800 Euro wegen illegalen Downloads gekriegt, dabei hatte ich mir nur ein paar Deichkind-Songs heruntergeladen, die mir noch gefehlt hatten. Geld war schon immer der Ursprung allen Übels.

Aber von irgendetwas müsst doch auch ihr leben?

Wir verdienen unser Geld in erster Linie durch Live-Shows. Ich bin kein Kapitalist, aber auch kein Kommunist. Bei mir ist es so, egal ob ich 50.000 oder 2.000 Euro auf dem Konto habe, dann ist das für mich ziemlich das Gleiche. Gerade stecken wir alles Geld in unsere neue Live-Show, die hat richtig Scheine gekostet, und wenn jetzt keiner kommt, sind wir auch pleite. Die Leute sollen sich ruhig die Musik illegal downloaden, und wenn ihnen der Künstler gefällt, zu seinen Konzerten gehen. Wenn der es nicht live auf der Bühne schafft, ist er eh ein konstruiertes Produkt. Dann sollte er ausgesiebt werden und Platz machen für richtige Zigeuner, die überall herumfahren und ihr Geld wert sind.

Du hast mal vom "Organismus Deichkind" gesprochen, DJ Phono von der "Gruppentherapie", die ihr in eurer Arbeit auslebt. Was hat man sich darunter vorzustellen?

Bei uns gibt es keine Goldketten, keine S-Klassen und kein "Ich bin hier der King"-Gehabe. Deichkind ist auch deswegen so erfolgreich, weil die mit den großen Egos weggebrochen sind. Wir sind ein einziger Organismus, jemand, der keinen Bock auf unseren kreativen Prozess hat und sich nur abfeiern lassen will, der fährt nicht mehr mit auf Tour. Manchmal gibt schon heftige Streitereien.

 
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