Kultur
   12 Jahre
Foto: Nikolaus Brade / Universal Music 2011

Interview: Deichkind

In der Single "Bück dich hoch" beschreibt ihr einen Karrieristen, der den Ellenbogen rausholt, um nicht ausgesiebt zu werden. Ist der Song die Fortsetzung von „Arbeit nervt“?

Ja, das ist das klassische Ding, das wir schon oft abgefrühstückt haben. "Bück dich hoch" handelt von Brikettmenschen, die sich verheizen und gar nicht wissen, wofür. Ohne Burnout bist du heutzutage nichts. Vor kurzem habe ich während eines Interviews eine SMS von einem Kumpel gekriegt, der mir schrieb, dass er gerade seinen Job gekündigt hat, weil er einfach nicht mehr kann. Der ging mit Angstzuständen ins Büro. Für Viele ist der Job das Einzige, das sie haben, das ist echt traurig.

Euren Job hat unter anderem ja auch der andauernde Erfolg von "Remmidemmi" gesichert ...

Ja, das ist schon komisch. Eigentlich sollte das Lied mit dazu beitragen, Deichkind zu begraben. Wir wollten noch einmal einen großen Vorschuss bei einem Major abgreifen, und dann ist es vorbei. Eigentlich war Deichkind mal Hip-Hop, und keiner fand‘s mehr geil - zu den Konzerten kam keiner mehr. In einer "Fuck off"-Trotzhaltung haben wir in drei Wochen ein Elektro-Album zusammengeklatscht. "Remmidemmi" war, glaube ich, innerhalb von einer halben Stunde fertig, den Beat haben wir mit nur einem Zeigefinger eingespielt. Ohne es zu wissen, waren wir die Ersten, die so etwas gemacht haben. "Schlaraffenland" war unser erfolgreichstes Album bis dato, nur "Arbeit nervt" hat sich noch besser verkauft.

Wenn man als verzweifelter Journalist wie ich "Deichkind" und "schwul" bei Google eingibt, dann landet man automatisch bei "Luftbahn" und dem Video mit seinen langhaarigen Muskelmännern und Accessoires wie rosa eingefärbte EU-Fahnen. Wolltet ihr bewusst so etwas wie eine schwule Ästhetik bedienen?

Wir wollten die Ästhetik von Mode- und Parfümwerbung aufnehmen. Die Elemente dazu haben wir uns von überall her zusammengeklaut. Eine schwule Ästhetik war damit überhaupt nicht beabsichtigt. Wir hatten einfach mal Bock, einen Clip zu machen, in dem wir selbst nicht vorkommen.

"Das Lied handelt von einem schwulen Paar, das kurz vorm Sex und vorm Fisten steht", schreibt ein Fan in einem Forum. Fand ich eine etwas gewagte Interpretation ...

Das ist auch Schwachsinn. Zumal es "Schwule" ja auch gar nicht gibt, genau so wenig wie ... ich will das "N-Wort" jetzt gar nicht sagen. In dem Moment, wo das Thema ist, ist immer irgendjemand da, der sich erklären muss. Man kann sagen, "ich steh' auf Männer", aber dass das immer noch ein Thema ist, kann ich eigentlich nicht verstehen. Es gibt keine "Schwulen" bei uns, es gibt nur Leute und Gewohnheiten. "Luftbahn" hat gar nichts mit Faustfick zu tun, "Luftbahn" ist ein Liebeslied.

Die Single "Bück dich hoch" erscheint am 3. Februar, das Album "Befehl von ganz unten" am 10. Februar bei Universal. Mehr Infos und Free Download des Songs "Illegale Fans" unter deichkind.de

 
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