Kultur
   13 Jahre
Foto: WDR/Thomas Kost

Schwule und Schweinshaxen

Erster schwuler Kuss

Das hat natürlich viel damit zu tun, wie hier Fernsehen gemacht wird. Wir schreiben das Jahr 1987. Die Nation schaut "Lindenstraße". Und plötzlich passiert es. Carsten Flöter (alias Georg Uecker) und Robert Engel sitzen auf der Couch und langsam finden ihre Köpfe zusammen. Was folgt, ist ein Kuss. Ein Kuss zwischen zwei Männern im Familienprogramm des Ersten Deutschen Fernsehens. Millionen halten den Atem an, weil sich zwei liebende Männer einen Kuss geben. Mehrere Mitglieder des Rundfunkrates greifen empört zum Telefon und schnell wird aus einem Kuss ein Politikum. Darf das Fernsehen so etwas im Familienprogramm zeigen? Schließlich sitzen ja auch Minderjährige vor dem Fernseher.

Viele dieser Minderjährigen sehen etwas, was sie ich seit langem heimlich wünschen: Endlich mal die große Liebe küssen. Ein Kuss in einer ganz normalen deutschen Straße mit ganz normalen deutschen Linden. Mit piefigen Wohnungen in einem 50er-Jahre-Haus, in dem das Treppenhaus nach Bratkartoffeln und Schweinshaxen riecht.
Ein paar Jahre später wird Tanja Schildknecht ihren gelähmten Mann wegen einer Frau verlassen, ein Kind per Samenspender aus Holland bekommen und ihre Freundin wird sie wegen einem Mann sitzen lassen. Carsten Flöter wird seinen Freund Theo Klages zu einer Zeit ewige Liebe schwören, in der es die Lebenspartnerschaft noch nicht gab.

Heirat mit Edmund und Franz-Josef

Jahre später heiratet er richtig, denn die Lebenspartnerschaft existiert. Aber der Freistaat Bayern lässt die Hochzeit auf einem Standesamt nicht zu, und so müssen Carsten und "Käthe" beim Notar heiraten. Beim Hochzeitskuss schauen Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber von den Wänden auf sie herab. Und wieder sitzen Minderjährige vor dem Fernseher und wünschen sich, ihre große Liebe auch mal eines Tages zu "heiraten".

25 Jahre "Lindenstraße" am Stück gucken, würde über vier Wochen dauern. Tag und Nacht. 25 Jahre deutscher Alltag und deutsche Geschichte im Wandel der Jahre. Das "dideldideldideldumm" der Titelmelodie hat Millionen von Menschen durch ihr Leben begleitet. Sie haben mit Beimers und Zenkers und Schildknechts gelitten und geweint. Sie haben zum ersten Mal in ihrem Leben ganz normale Lesben und Schwule gesehen. Und so wurde ein Kuss zwischen zwei Männern oder zwei Frauen für sie etwas mehr "normal".

Die Jubiläumsfolge wird am Sonntag um 18.50 Uhr im Ersten ausgestrahlt. Viel mehr zum Universum der "Lindenstraße" gibt es hier.
 

 
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