Kultur
   9 Jahre
Foto: Kirsten Lilli / Sabine Klem

Berlinale-Teddys 2015

Ein silberner Bär für beste Regie an Ex-Teddy-Gewinnerin 
für nicht queeres, aber queres Meisterwerk 
 
Prinzipiell auch von Verlust und Trauer handelt das liebevoll augenzwinkernde, vielschichtige, filmische Kleinod, das im offiziellen Wettbewerb von der polnischen Regisseurin Malgorzata Szumowska zu sehen war, die mit „W imie“, dem Film über einen schwulen Priester, 2013 den Teddy gewonnen hatte. Ihr neuer Film "Body" hat zwar keinen queeren, aber wunderbar verquere Charaktere und erzählt mit komödiantischen Bildern von den ungeahnten Möglichkeiten von Familientherapie mit Geistern.
 
Queerfreies Praunheim-Biopic 
über die Schneise der Zerstörung, 
die sexueller Kindesmißbrauch in viele Leben reißt: 
 
Sehenswert ist der unter die Haut gehende Film "Härte" von Rosa von Praunheim, der allein dadurch eine neue Ära des Teddy einläutete, weil er in die queer list aufgenommen wurde, "nur" weil der Regisseur bekanntlich schwul ist. Das fanden manche eine kontroverse Entscheidung, weil dadurch der thematisierte sexuelle Kindesmissbrauch und seine Folgen mit Prostitution und Gewalt theoretisch unter queere Sexualität subsumiert werden könnte. Wie auch immer man das sieht, so hat die halb dokumentarische, halb nachinszenierte Verfilmung der Autobiographie von Andreas Marquardt die Aufmerksamkeit bekommen, die dieser Film verdient. Auch die Mitwirkung der mehrfach ausgezeichneten lesbischen Kamera-Ikone Elfie Mikesch hinterlässt eindrückliche Spuren. Denn dieser Praunheim-Film ist nicht nur inhaltlich stark: Er hat auch eine künstlerisch starke Form, die die erzählten Erfahrungen der Härte bloßlegt. Dabei fegt der Film mit schonungsloser Härte einige Mythen vom Tisch: Angefangen bei dem Mythos, dass Frauen keinen sexuellen Missbrauch an Kindern begehen. Zum Anderen entlarvt er den unübersehbaren Zusammenhang von sich Prostituierenden mit ihren als Kind gemachten sexuellen Missbrauchserfahrungen. Last but not least räumt er mit dem pädophilen Mythos der vermeintlichen Freiwilligkeit von Kindern auf, indem der Film schonungslos offenbart, wie die grausamen Erfahrungen sie zu schwer traumatisierten Menschen machen, die wiederum ihre Traumata oft an andere weitergeben. Wegen solcher späterer eigener Schuld (an erwachsenen Frauen) kann Andreas Marquardt seiner Mutter auch niemals vergeben. Das gibt Marquardt in dem Film - weder sie noch sich schonend - eindrücklich preis. 
Dieses wichtige, bisher noch viel zu wenig gesellschaftlich wirklich besprochene Thema des Kindesmissbrauchs war einer der Schwerpunkte die Panorama-Kurator Wieland Speck aus den eingereichten Filmen herausgefiltert und in der Sektion Panorama der Berlinale dieses Jahr gesetzt hat.
 
Doku über für verschiedene Rechte kämpfende 
schwule und nicht schwule Menschen: 
 
"The Yes-Man are revolting" von Laura Nix aus den USA und den beiden Aktivisten Andy Michlbaum und Mike Bonanno ist eine Doku über dieses Duo und ihre Arbeit, sich als Vertreter von Großunternehmen auszugeben, und damit auf satirische Art, Verbrechen gegen Mensch und Umwelt aufzudecken. U.a. wird ganz nebenbei erzählt, wie der eigentlich selbstverständlich out-lebende Schwule des Duos in Uganda mit sich ringt, sich zu outen - angesichts des dort geplanten Gesetzes, Homosexualität unter Todesstrafe zu stellen. Filmisch ist diese Doku zwar kein Neuland, umso großartiger ist die neue Erfahrung, bei der man Mitarbeitern von Homeland Security zuschauen kann: In der letzten Aktion, die im Film vorgestellt wird, infiltrieren sie zusammen mit Aktivisten der First Nations eine Konferenz des Geheimdienstes der USA, und überzeugen die Anwesenden nicht nur von der grünen Energiewende, sondern bewegen sie sogar zum indianischen Kreistanzen.

 

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