Kultur
   8 Jahre

Buchrezension: Im Versteck

Ein Haus mitten im Nirgendwo
Nach dem Tod von Franks Mutter suchen sie dann doch ein gemeinsames Haus. Natürlich besichtigen sie es nacheinander und natürlich liegt es da, wo sich Fuchs und Hase „Gute Nacht!“ sagen. Aber endlich leben sie zusammen. Und es kommt, wie es kommen muss. Sie schotten sich von der Welt ab und das für Jahrzehnte, sie leben nur für sich. Keine Kontakte zur Außenwelt, zumindest nicht mehr als nötig. Freunde; Verwandte, Nachbarn? Fehlanzeige. Es existieren nur Wendell und Frank. Was als romantische Vorstellung dient, ist aber auch der Schlüssel zu der größten Katastrophe der beiden. Denn sie verpassen alles, was es an schwuler Revolution zu verpassen gibt. Das Leben dort draußen zieht an ihnen vorbei, ohne dass sie davon viel mitbekommen.

Als Frank aus dem Krankenhaus entlassen wird, müssen sie ihr Leben innerhalb der vier schützenden Wände nach Jahrzehnten der Perfektionierung komplett neu gestalten. Der kann nämlich nicht mehr so wie vorher, aber seine Schrullen gehen Wendell nun auf den Nerv, ebenso, wie er Frank nervt. Als letzterer dann das Essen fast vollkommen einstellt scheint der Weg vorgezeichnet. Wenn, ja wenn da nicht Wendell, ein Hund namens Daisy und eine Kuchenidee wären.

Nett geht anders
Um eines vorweg zu nehmen, weder der 1984 geborene Autor selbst, noch Übersetzer Joachim Bartholomae sind nett zum Leser. Es gibt Szenen, die tun weh. Einige, weil voll psychischer Grausamkeiten, andere voll physischer. Zart besaiteten Lesern sei angeraten, nicht alles zum Hund Daisy oder auch zu Wendells Handwerk ganz genau zu lesen. Da steckt schon einiges an Horror allein in der Beschreibung, die zwar sachlich und ruhig zurande geht, aber genau darin liegt eigentlich der absurde Horror.

Matthew Griffin, der mit seinem Ehemann in Louisiana lebt, hat in seinem Buch eigentlich mehrere Tabuthemen ausufernd geschildert. Während bei den Schwulen ja oft jünger aussehen, gestählte Körper und „alles ist toll toll toll“ die zentralen Themen zu sein scheinen, geht es ihm hier um das genaue Gegenteil: Krankheit, Hilfsbedürftigkeit und besonders schlimm: Das Altern!

Das Schöne: die beiden Protagonisten bleiben Menschen, auch wenn sie einander mal kurz grausam behandeln, so lernt man doch die Schrulligkeit lieben, die sich beide im Laufe der über 60 Jahre angeeignet haben. Ein Paradestück, das genau da ansetzt, wo es wehtut und das Leben gerade mal alles, was geplant war komplett torpediert. Das Strampeln, nach Luft schnappen und die Frage, ob der Überlebenswille allein ausreicht, um das in den Griff zu bekommen, das sind nur einige der wirklich spannenden Aspekte dieses Buches.

Auf den letzten Seiten sind Wendell und Frank einem dann so ans Herz gewachsen, dass man sie am Schluss beim Weglegen des Buches schon vermisst. Ein bewegendes Buch, das einem Tränen in die Augen schießen lässt und diese auch mal direkt mit Ekel oder einem lauten Lacher wegwischt. Großartig, einfach großartig…

Männerschwarm Verlag
Matthew Griffin
Im Versteck
272 Seiten
Buch 22,00 €
Ebook 12,99 € - z.B. HIER direkt vom Verlag.

 

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