Kultur
   4 Jahre
Foto: Spencer Imbrock

ESC 2020: Contest der Alternativen

Seit Mitte März steht fest, dass der Eurovision Song Contest aufgrund der Ausbreitung des Corona-Virus in diesem Jahr nicht stattfinden kann. Wir haben für euch die Alternativen zusammengetragen.
Bei vielen Fans lag die Hoffnung auf einer Verlegung des weltweit größten Musikwettbewerbs in die zweite Jahreshälfte, doch die Europäische Rundfunkunion (EBU) entschied sich für eine ersatzlose Absage des ESC 2020. Das bedeutet, dass das Gastgeberland 2021 weiterhin die Niederlande bleibt, allerdings dürfen die für 2020 eingereichten musikalischen Beiträge nicht erneut verwendet werden. Dies entspricht vermutlich der Forderung solcher Länder, die mit ihren meist mehrwöchigen Vorentscheidungsevents ein höheres Publikum erreichen, so wie es z. B. bei den Melodifestivalen in Schweden der Fall ist, als lediglich mit einem einzelnen ESC-Finale. Aus einigen anderen Ländern, die eine solche Vorentscheidungskultur nicht pflegen, wurden die diesjährigen Teilnehmer*innen hingegen erneut für 2021 bestätigt. Auf der einen Seite ist dies sicher eine berechtigte Entschädigung für die Künstler, die durch die Teilnahme am ESC auf einen Karriereschub gehofft hatten. Auf der anderen Seite ist dies schon die Hälfte der Miete für das kommende Jahr, denn somit muss sich lediglich auf die Suche nach einem neuen Song begeben werden.
 
Doch was wird den Zuschauern nun am 16. Mai, dem Tag des geplanten ESC-Finales, geboten? So einiges! Denn Das Erste und ProSieben buhlen nun um die Gunst der ESC-Fans mit ihren Alternativ-Programmen. Als der ESC für dieses Jahr abgesagt wurde und noch keinerlei Ersatz in Aussicht war, rief dies den großen ESC-Fan Stefan Raab auf den Plan. Dieser kündigte prompt unter der Bezeichnung Free Eurovision Song Contest eine Art Ersatzveranstaltung an, die ProSieben am 16. Mai um 20:15 Uhr ausstrahlen wird. Präsentiert wird die Live-Sendung von ESC-Gewinnerin Conchita Wurst und Moderator Steven Gätjen. In Köln werden dabei bekannte Künstler*innen auf einer großen Bühne performen und ihr europäisches Herkunftsland vertreten. Die Punktevergabe aus den einzelnen Ländern erfolgt dann im traditionellen ESC-Modus, wobei es in Deutschland, Österreich und der Schweiz dafür ein Televoting geben wird, während die anderen Länder durch Experten-Jurys vertreten werden. Bisher wurde noch nicht bekannt gegeben, wer sich unter den Teilnehmern befindet. Möglich wären dabei Stars wie Álvaro Soler, Pietro Lombardi, Vicky Leandros, Cascada oder auch die Kelly Family, die allesamt einen Bezug zu einem anderen europäischen Land haben, aber in Deutschland leben. Vorteil eines solchen Contests ist es natürlich, dass grundsätzlich der Voting-Gedanke samt einer spannenden Auszählung erhalten bleibt. Und obwohl hierzulande wie immer keine Möglichkeit besteht für den deutschen Act anzurufen, wird an diesem Abend der lokalpatriotische Gedanke zur Nebensache, da theoretisch jede*r der Teilnehmer*innen an diesem Abend für Deutschland antreten könnte.
 
© NPO/AVROTROS/NOSUnter der Bezeichnung „Eurovision: Europe Shine a Light“ präsentiert die EBU am selben Abend ebenfalls eine Live-Show aus Hilversum, die im Ersten - zeitversetzt um eine Stunde - ab 22:00 Uhr ausgestrahlt wird. In dieser offiziellen Ersatzveranstaltung sollen diejenigen Künstler*innen geehrt werden, die in diesem Jahr am ESC in Rotterdam teilgenommen hätten. Dies erfolgt über Ausschnitte aus den offiziellen Videos sowie Schalten über den gesamten Kontinent. Zudem sind Auftritte von ehemaligen ESC-Sieger*innen geplant. Was es allerdings definitiv nicht geben wird: das obligatorische Voting und damit das eigentliche Herzstück des Contests. Denn aus versicherungstechnischen Gründen darf die Ersatzveranstaltung dem eigentlichen ESC nicht zu ähnlich sein. Vermutlich hat dies und die Ausstrahlung des Free ESC bei ProSieben, der eben genau diesen Voting-Charakter beinhaltet, dazu geführt, dass Das Erste weder Kosten noch Mühen gescheut hat und kurzfristig eine eigene Live-Show ins Programm geschoben hat. So startet um 20:15 Uhr - also zeitgleich zum Free ESC - unter dem Titel „Eurovision Song Contest 2020 - das deutsche Finale live aus der Elbphilharmonie“ eine dritte ESC-Alternative, die von Barbara Schöneberger moderiert wird. Hier wird den deutschen Zuschauern absurderweise das geboten, was bei der offiziellen EBU Sendung im Anschluss nicht möglich ist, nämlich ein Abstimmungs-Szenario.© World Wide WohnzimmerAllerdings geschieht dies lediglich auf deutscher Ebene. Hierfür werden schon eine Woche zuvor am 9. Mai ab 20:15 bei One im World Wide Wohnzimmer - das ESC Halbfinale 2020 alle Musikvideos der 41 ESC Teilnehmer*innen gezeigt, aus denen zehn Favoriten von den Zuschauer*innen und einer hundertköpfigen Experten-Jury in das deutsche Finale am 16. Mai gewählt werden können. Die zehn beliebtesten Acts treten dann im „deutschen Finale“ gegeneinander an, teilweise sogar live auf der Bühne der Elbphilharmonie. Der deutsche Kandidat Ben Dolic läuft dabei außer Konkurrenz, denn für das eigene Land ist die Stimmabgabe auch im Ersten nicht möglich. Dennoch wird ihm innerhalb dieser Sendung die Plattform geboten seinen Titel „Violent Thing“ live in der Art zu präsentieren, wie es für Rotterdam geplant gewesen wäre. Sicher nur ein kleines Trostpflaster im Vergleich zur großen ESC-Bühne, denn bisher hat sich der NDR noch nicht geäußert, ob Dolic Deutschland auch im nächsten Jahr vertreten darf.
 
Somit kann für dieses Jahr festgehalten werden: Kein Song Contest, aber dafür ein Alternativen-Festival. Vermutlich wird sich dabei keine der Shows als großer Gewinner hervortun, da sich die Zuschauer*innen an dem Abend lediglich dazwischen entscheiden werden, ob sie lieber Wurst oder Schöneberger sehen wollen.
 
 
Termine im Überblick:
 
9. Mai
20:15:
„World Wide Wohnzimmer - das ESC Halbfinale 2020“ bei One
 
16. Mai
20:15:
„Eurovision Song Contest 2020 -
das deutsche Finale live aus der Elbphilharmonie“ im Ersten
 
20:15:
„Free European Song Contest“ bei ProSieben
 
22:00:
„Eurovision: Europe Shine A Light“ im Ersten
 
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