Gesellschaft
   6 Jahre
Foto: Marcus Rose/AS

Welt-Aids-Konferenz

Die Welt-Aids-Konferenz in Amsterdam hat vor allem eines gezeigt: Die Welt droht eine historische Chance zu verpassen und lässt Millionen Menschen im Stich.

„Wir haben alle Mittel, die HIV-Epidemie dauerhaft in den Griff bekommen und Aids zu beenden. Aber zu viele Menschen sind von Prävention und Behandlung ausgeschlossen. Viele Menschen infizieren sich, erkranken und sterben, weil die Verantwortlichen zu wenig tun“, sagt Sven Warminsky vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe.

Die Hindernisse sind politische Blockaden gegen wirksame Prävention, vor allem in Osteuropa und Zentralasien, sowie eine Unterfinanzierung der wirksamen Maßnahmen.

Jetzt mehr beitragen

„Auch Deutschland kann und muss mehr beitragen. Der feindseligen Politik vieler Länder gegenüber den stigmatisierten Menschen können wir noch viel mehr Solidarität entgegensetzen“, so Sven Warminsky.

Beispielhafte Kooperationen mit Organisationen in Osteuropa gilt es dafür auszubauen, um Erfolgsmodelle der Prävention in der Region zu etablieren und zivilgesellschaftliche Organisationen vor Ort zu stärken. Denn gerade, wo HIV am stärksten wütet, wird die Finanzierung kompetenter Organisationen zurückgefahren und sie werden in ihrer Arbeit behindert.

Mit mehr Geld könnte der Globale Fonds gegen Aids, Tuberkulose und Malaria (GFATM)  unter anderem dafür sorgen, dass mehr als nur 60% der HIV-positiven Menschen weltweit die lebensrettenden Medikamente erhalten. Der bisherige Etat ist zu niedrig, und immer wieder bleiben Länder zugesagten Mittel schuldig.

UNAIDS, die Organisation der Vereinten Nationen, ist chronisch unterfinanziert, allein für das laufende Jahr fehlen noch 58 Millionen Dollar. Das gefährdet unverzichtbare Aktivitäten der UN-Organisation.

Doppelt hilft doppelt

„Eine Verdopplung  unserer Beiträge zum Globalen Fonds und für UNAIDS ist das Mindeste. Doppelt hilft doppelt. Weniger ist gemessen an unserer Wirtschaftskraft nicht angemessen. Weniger bedeutet, vermeidbare Infektionen und Todesfälle zu akzeptieren. Als reiches Land müssen wir mit voller Kraft vorangehen“, sagt DAH-Vorstand Warminsky.

In Zahlen: Der Globale Fonds erhält zurzeit von Deutschland 267 Millionen Euro pro Jahr. UNAIDS wird mit nur 5 Millionen pro Jahr gefördert, der Betrag steht zudem immer wieder zur Disposition.

Präventionslücken in Deutschland

Auch in Deutschland gibt es Lücken in der HIV-Prävention. Sie betreffen vor allem marginalisierte Gruppen. Um einen Rückgang der HIV-Infektionen und Aids-Erkrankungen zu ermöglichen, braucht Deutschland vor allem:

  • eine reguläre anonyme Versorgung von Menschen ohne Aufenthaltspapiere. Sie nehmen aus berechtigter Angst vor Abschiebung oft keine medizinische Hilfe in Anspruch, bis sie lebensbedrohlich erkranken. Ohne HIV-Therapie bleibt HIV zudem übertragbar.
  • Drogenkonsumräume auch in den zehn Bundesländern, die bisher keine rechtliche Möglichkeit dafür geschaffen haben – sie retten Leben und verhindern Infektionen
  • Zugang zu sauberen Spritzen und Konsumutensilien auch für drogenabhängige Gefangene. Diese Maßnahme ist in Freiheit Standard, um Infektionen zu verhindern.

Die gerade angekündigte Kassenfinanzierung der HIV-Prophylaxe PrEP schließt eine Lücke und ist sehr zu begrüßen. Sie muss nun so schnell wie möglich umgesetzt werden. Denn so lange Menschen von dieser Schutzmethode ausgeschlossen sind, die sie brauchen, ereignen sich vermeidbare HIV-Übertragungen.

HIV unter Therapie nicht übertragbar

Medizinisch brachte die Konferenz keine Durchbrüche, es wurden aber Fortschritte in einigen Fragen deutlich.

Endgültig bewiesen ist durch die Ergebnisse der Partner-2-Studie nun die Schutzwirkung der HIV-Therapie, auch beim Analverkehr unter Männern. Sind HIV-positive Menschen gut behandelt, ist eine Übertragung beim Sex unmöglich. Schutz durch Therapie ist neben dem Kondom und der PrEP eine verlässliche Safer-Sex-Methode.

„Zweifel sind nun endgültig nicht mehr haltbar. Die gute Nachricht, dass HIV unter Therapie nicht mehr übertragbar ist, sollten alle Menschen kennen. Wenn eine Übertragung selbst beim Sex unmöglich ist, nimmt auch die Angst vor HIV-positiven Menschen ab – und damit die Stigmatisierung“, so DAH-Vorstand Sven Warminsky.

Gegen Diskriminierung von Menschen mit HIV

Außerdem gilt es, weiter für die selbstverständliche Akzeptanz von Menschen mit HIV einzutreten. Diskriminierung macht krank, schreckt Menschen vom HIV-Test ab und kann die medizinische Versorgung behindern.

In Deutschland ist Diskriminierung das größte Problem im Leben mit HIV - im Gesundheitswesen, im Erwerbsleben, im sozialen Umfeld. Die Deutsche AIDS-Hilfe hat in Amsterdam ihre Aktivitäten gegen Diskriminierung im Gesundheitswesen an einem eigenen Stand vorgestellt – Dazu gehört vor allem das im Sommer startende Projekt Praxis Vielfalt, das ein Fortbildungscurriculum und Gütesiegel für diskriminierungsfreie Arztpraxen anbietet.

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